AFFÄREN DES LICHTS

AFFÄREN DES LICHTS

Foto-Ausstellung von Jürgen Wiesner
Jürgen Wiesner: Am Fusse der Honsellbrücke, Winter 1978-79  | © Jürgen Wiesner

Seit Dezember 1980 bis heute hat der Fotograf Jürgen Wiesner immer wieder eine bestimmte Stelle in der Nachbarschaft seines Wohnorts in Frankfurt-Höchst mit der Kamera erkundet – einen Tümpel in einem Brachland innerhalb der Gemarkung Zweifelsgewann. In der letzten Viertelstunde der vergehenden Helligkeit – im „Spätlicht“ – eines jeweiligen Tages gewinnt Wiesner der Oberfläche dieser unscheinbaren Wasserstelle immer neue Sensationen des bildlichen Erscheinens ab: künstlerische Wahrnehmungsprotokolle, die ihresgleichen suchen. Im Kunstverein Familie Montez sind seine Werke nun ausgestellt.

Seit Dezember 1980 bis heute hat Jürgen Wiesner immer wieder eine bestimmte Stelle in der Nachbarschaft seines Wohnorts in Frankfurt-Höchst mit der Kamera erkundet – einen Tümpel in einem Brachland innerhalb der Gemarkung Zweifelsgewann. In der letzten Viertelstunde der vergehenden Helligkeit – im “Spätlicht” – eines jeweiligen Tages gewinnt Wiesner der Oberfläche dieser unscheinbaren Wasserstelle immer neue Sensationen des bildlichen Erscheinens ab: künstlerische Wahrnehmungsprotokolle, die ihresgleichen suchen. In einem Widerstreit von Statik und Dynamik entzündet sich ein der Natur entlocktes, aber dennoch künstliches Leuchtfeuer. Die Farbenlehre dieser Fotografien evoziert vielfältige Korrespondenzen zu völlig unterschiedlichen Stilen der modernen Malerei. Zugleich sind ihre Konfigurationen wahrnehmbar als metaphorische Aufzeichnungen eines visuellen Klangs oder Tanzes, die Wiesners Kamera im Dialog mit dem Nie-sich-gleich-Sein ihres natürlichen Gegenübers festhält.

Dieses Projekt ist von außerordentlicher künstlerischer Qualität. Seine besondere Magie besteht darin, über Jahrzehnte hinweg dieser Wasseroberfläche inmitten der Frankfurter Stadtlandschaft potentiell unendliche Variationen abzugewinnen. Es gibt innerhalb der Kunstfotografie weltweit keine vergleichbare, über eine so lange Zeit einem einzigen Motiv in ihren spektakulären Verwandlungen gewidmete Serie von Bildern, weswegen Wiesners Arbeiten hierzulande und auch international eine beachtliche Resonanz gefunden haben. Zugleich leistet Wiesners Projekt eine beharrliche Vergegenwärtigung der ebenso erstaunlichen wie nicht zu bändigenden Gestaltenfülle der den Menschen umgebenden Natur. In seinem zugleich improvisatorischen und eingedenkenden Gestus stellt Wiesners fotografisches Verfahren auch für meine eigene wissenschaftliche Beschäftigung mit der Theorie des fotografischen Bildes und einer ökologischen Ethik eine erhebliche Inspirationsquelle dar.

Wiesners Œuvre ist jedoch nicht darauf beschränkt, aus diesem einen, für sein Schaffen zentralen Motiv immer neue Funken zu schlagen. In früheren Arbeiten hat er untergehende Arbeitswelten im Frankfurter Raum mit bestechender Klarheit als Szenen einer damals noch gegenwärtigen Vergangenheit konserviert. In seinen aktuellen Ausstellungsprojekten kombiniert er Reihen von älteren und neuen Exemplaren seiner fotografischen Wassermalerei mit einer fotografischen Erkundung der Umgebung ihres Schauplatzes und der Transformationen, denen er über die Jahre hinweg ausgesetzt war. So entsteht eine fotografische Archäologie der vergangenen und andauernden Gegenwart dieser Landschaft, die auch Elemente der Bilderzählung enthält. Daraus ergibt sich eine Zeitreise in dieses Areal, die das Widerspiel von Veränderung und Dauer im Eigenleben der Natur sowie in den Eingriffen des Menschen dokumentiert. Zu den Motiven seiner neuesten Bilder zählen neben der Wasserfläche intensive Impressionen der Vegetation und der Wegzeichen vor Ort, die Geschichte der Verwandlung eines Baums in eine Skulptur und anderes mehr. Mehr noch als in seinen vergangenen Ausstellungen variieren
dabei unterschiedliche Trägermaterialien wie Papier, Stoff, Acryl, Bildstelen, Monitore und auch Videoprojektionen die Textur der Präsenz seiner Bilder. Durch die Verbindung mit von befreundeten Künstlern eigens komponierten Klangwelten gewinnen Wiesners Ausstellungen den Charakter audiovisueller Installationen, die an ihrem jeweiligen Ort unvergleichliche Lichtspiele zur Aufführung bringen.

In seiner ebenso spektakulären wie unbeirrbaren Ortsverbundenheit zeichnet sich Jürgen Wiesners fotografisches Schaffen durch eine herausragende Originalität und Weltoffenheit aus.

Jürgen Wiesner: Himmel über dem Zweifelsgewann | © Foto: Jürgen Wiesner

Letzte Änderung: 16.09.2022  |  Erstellt am: 16.09.2022

AFFÄREN DES LICHTS
FOTO-FILM-KLANG Installation
von Jürgen Wiesner

Dauer der Ausstellung:
9.10. – 13.11.2022

Eröffnung am 8.10.2022 um 18:00 Uhr

Kunstverein Familie Montez
Honsellbrücke am Hafenpark
60314 Frankfurt am Main

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