A CONVENIENT WORLD CLOCK

Der 2019 gegründete MAYBE THE GREATEST ARTSPACE IN AUSTRIA befindet sich im Herzen der historischen Altstadt von Hallein in der Nähe von Salzburg. Spezialisiert auf zeitgenössische Kunst und mit einem breit gefächerten Programm mit Werken nationaler und internationaler Künstlerinnen und Künstler, zeigt er bis zu 6 Ausstellungen pro Jahr in einem einzigartigen Raum. Der Standort bietet auch Unterstützung, kuratorische Expertise und Online-Vertrieb der vertretenen Kunstwerke.

Wir stolpern durch Sathit Sattarasarts mechanisch hergestellte, monumentale menschliche Wesen an den Fenstern der Galerie in einen minzigen Nebel, der Lars Karl Beckers großformatige Zeichnungen einhüllt. Das Reich hinter dem Glas besteht aus diesen allseits bekannten Spinnern, die stumpf aus den jeweiligen Buchseiten herausgelöst wurden. Ein inoffizielles firmenübergreifendes Crossover, in dem Richard Scarrys “Lowly Worm” auf finstere bis hin zu geradezu bösartigen Charakteren trifft, die sehr deutsche TKKG-Bande; eine Gruppe von Jugenddetektiven, die sich auf Rassenprofilierung und Opferbeschuldigung als Ermittlungsmethoden verlassen. Heutzutage wären die meisten rechtsgerichteten Politiker stolz auf sie, aber zur Zeit ihrer Entstehung in den 1980er Jahren waren sie nur die gängigsten Detektivgeschichten für Kinder. 

Beckers “Friends With Benefits” schildert ein kollabierendes Universum in einer Zahnpasta-Farbpalette. Zwei verschiedene Welten sollen sich nun dieselbe Erde teilen. Der ewige Konflikt zwischen den falschen Versprechungen einer niedlichen anarchischen Welt, die aus leicht funktionierenden Erwachsenen besteht, und einem starren sozialen Regime, das sich darauf freut, ein herrschender Teil davon zu werden, ist nun in einer Pattsituation gefangen. In dieser Ausstellung gibt es buchstäblich keine andere Möglichkeit, Beckers postpädagogische Psychedelik zu durchschauen als durch Sattarasarts vorgeschriebene Brille seiner schematischen Zeichnung “Therapy with props”. Mit dem nötigen Selbstbewusstsein am Schaufenster des Ausstellungsraums angebracht, ist sie kein Schlüssel zum Werk, sondern eine Zitadelle in einem intellektuellen Schlachtfeld.

Die beiden Künstler sind sich einig in einem stummen Schrei: “Hört auf zu erziehen!”. Kein Wunder, dass sie gleichermaßen verängstigt und fasziniert sind vom Anblick der Affen, die an den Bergstraßen sitzen, sie grimmig anblicken, wenn sie im Auto vorbeifahren – alle nur darauf wartend, anzugreifen, wenn ein Fenster heruntergekurbelt wird. Auch sie sind bereits von der Gesellschaft vergiftet worden. Im Zentrum von Sattarasarts surrealem Remix eines klassischen Gemäldes von Gustave Courbet stehen die Darstellungen seltsamer Bewegungen auf dem Boden. Eine allzu offensichtliche Panne in der Realitätswiedergabe: Alle handwerklichen Werkzeuge wurden gegen Ananas ausgetauscht; der soziale Realismus wird zum Slapstick – oder zumindest auf seltsame Weise für unseren analytischen, erwachsenen Verstand verschlossen. 

Es hat nie einen “state of nature” gegeben, und es gibt auch keine realistische Option für eine andere Welt in Recht und Ordnung; wenn man diesen Standpunkt akzeptiert, erscheint Beckers Destillation des intellektuellen Giftes, mit dem wir als Kinder gefüttert wurden, wie ein weiterer Versuch, ein alchemistisches Heilmittel für die Pädagogik zu finden, die uns auferlegt wurde. Die Zivilisation ist ein Alptraum für jedes Individuum. Sattharasart hat die Idee des sozialen Realismus in der Kunst gewaltsam kurzgeschlossen, auf Wiedersehen Pariser Kommune. Das Einzige, worüber wir uns sicher sein können, ist, dass wir immer noch willkommen sind, um den kalten Komfort der Kultur zu genießen und, was noch wichtiger ist, um uns am Kamin ein wenig zu betrinken.

Letzte Änderung: 18.01.2023  |  Erstellt am: 18.01.2023