Souveränität und Elend

Souveränität und Elend

Axel Honneths Buch „Der arbeitende Souverän"
Working Man | © Alexander Paul Englert

So lange lag die „Zukunft der Arbeit“ bedacht, aber unbearbeitet herum, und nun trifft sie uns als „Arbeit der Zukunft“ nahezu unvorbereitet. Die Arbeit hat sich inzwischen verändert und die „Verhältnisse“ ebenso. Sozialphilosophen und -forscher untersuchen Teilaspekte der Arbeit, über die wir uns bekanntlich definieren. Mit welchem Ergebnis und welcher Relevanz? Jutta Roitsch ist der Forschung nach schwindender Arbeit und verschwindenden Berufen nachgegangen.

Wiederentdeckt: Die (gesellschaftliche) Arbeit der Zukunft

Es bahnt sich eine erstaunliche Wiederentdeckung an: Jahrzehntelang machten sich Soziologen und Philosophen Zukunftsgedanken über das Verschwinden der (bezahlten) Arbeit und der Berufe. Und jetzt, nach drei Jahren der Pandemie, dem Mangel an Fachkräften in der Erziehung, der Bildung oder der Pflege und der alles beherrschenden Frage, wie die Industrieländer in Europa einen klimarettenden Wandel auf demokratische und soziale Weise schaffen, erhalten Anspruch und Wirklichkeit der Arbeit neue Aufmerksamkeit: Vor allem in Frankreich und Deutschland.

Seit vier Monaten protestieren Französinnen und Franzosen auf der Straße gegen eine Verlängerung ihrer Lebensarbeitszeit um zwei Jahren. Und in seltener Einmütigkeit mobilisieren acht sonst zerstrittene, vielfach im Alltag der Unternehmen bedeutungslose Gewerkschaften und erhalten im politischen Gefüge dieses Landes unverhofft eine neue Bedeutung, zum nachhaltigen Wandel in der Arbeitswelt beizutragen. Der wütende und sehr laute Kampf gegen die Rente mit 64 schreckte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf, wie vor Jahrzehnten Pierre Bourdieu auf die feinen und weniger feinen (Klassen-) Unterschiede zu achten und genauer hinzusehen, zu welchen Bedingungen ihre Landsleute angestellt sind und warum es zu diesem sich immer wieder neu entfachenden Protest kommen konnte, der längst das demokratisch-parlamentarische Fundament erschüttert.

Es ist ein widersprüchliches Bild, das sich ihnen bietet. Und es enthält viele blinde Flecken. Das gilt für die Perspektiven der sozial benachteiligten Jugendlichen, von denen jeder dritte inzwischen schon mit 15 Jahren im lange vernachlässigten und gesellschaftlich wenig angesehenen „lycée professionnel“, der Berufsfachschule, landet (Le Monde vom 6. Mai), danach mehrheitlich ohne Ausbildung oder Diplom auf irgendeinen Job wartet. Das gilt für die schlecht, oft nur mit dem Mindestlohn (Smic) bezahlten Frauen an den Kassen der Supermärkte, den LKW-Fahrern, den Verpackerinnen in Online-Unternehmen oder den Pflegekräften in Seniorenheimen. Das Licht, das mit und durch die Demonstrationen auf die heutigen Bildungs- und Arbeitsbedingungen in Frankreich gefallen ist, ist grell. Die „feinen Unterschiede“ zwischen „oben“ und „unten“, zwischen Paris und den ländlichen Gebieten sind tiefer und krasser geworden. Und weit entfernt von den Voraussetzungen und Bedingungen einer sozialökologischen Transformation oder einer Vision von der Arbeit der Zukunft, die in jeder politischen Rede von sehr weit rechts bis sehr weit links beschworen wird.

„France Travail“ nennt Präsident Emmanuel Macron sein Programm, mit dem er die Frauen und Männer seines Landes, die Lehrerschaft in den „lycée professionnel“ in den nächsten hundert Tagen wieder befrieden will. Aber das Misstrauen, das ihm wortwörtlich auf Schritt und Tritt entgegenschlägt, ist groß. Könnte es zu einer neuen wirksamen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gewerkschaften kommen, auf die die politische Klasse in Paris hören müsste? Die Hoffnungen im linksliberalen, intellektuellen Spektrum Frankreichs sind groß, zumal in Kürze die beiden noch mächtigsten Gewerkschaften (CGT und CFDT) von zwei Frauen geleitet werden, die weniger zum revolutionären Pathos auf der Straße neigen. Aber begreift der durch die erbitterte Rentendiskussion geschwächte Präsident diese Chance?

Wissenschaft und Gewerkschaften nähern sich in letzter Zeit auch in Deutschland wieder vorsichtig an. Auf dem Neujahrsempfang der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung entwarf der Sozialphilosoph Axel Honneth seine Vorstellung von den „Chancen der Verbesserung der Arbeitsbedingungen unter kapitalistischen Verhältnissen“ (Mitbestimmung, Nr. 1, Februar 2023, S. 47). „Soziale Integration geschieht bei uns primär über die Arbeit“, unterstrich Honneth vor der geladenen Gewerkschaftsschar, die aber in Zukunft in demokratischeren Strukturen stattfinden müsse. „Eine politische Demokratie ist so viel wert, wie es die Arbeitsverhältnisse allen Beschäftigten erlauben, sich wirtschaftlich unbesorgt, ohne Scham und selbstbewusst an der öffentlichen Willensbildung zu beteiligen.“ Das ist ein Merksatz, wie er von Philosophen hierzulande lange, lange nicht zu hören war. Die Demokratie dürfe nicht am Werkstor enden: Das war einmal ein politischer Auftrag in den 1970er Jahren.

Jahrzehnte später griff ihn nun der einstige Direktor des legendären Frankfurter Instituts für Sozialforschung, der seit Jahren in den USA (Princeton, Columbia) forscht und lehrt, wieder auf. Er begeisterte vor zwei Jahren in Berlin die Zuhörerinnen und Zuhörer mit seinen drei Vorlesungsabenden (Walter Benjamin Lectures), angesichts von Corona unter freiem Himmel in der Hasenheide. Jetzt liegen sie überarbeitet und ausgeweitet als Buch vor: Der arbeitende Souverän. Eine normative Theorie der Arbeit. Es ist, wie der Autor freimütig einräumt, nach Jahrzehnten (s)ein neues Nachdenken über die Rolle der Arbeit in modernen Gesellschaften.
Für eine an der Geschichte und Philosophie der Arbeit interessierte Leserin ist dieses Werk in den ersten beiden Kapiteln und den zwei Exkursen eine Fundgrube. In vielen, langen Fußnoten zeichnet Honneth eine umfangreiche US-amerikanische Forschungslandschaft nach, die hier bislang weitgehend unbekannt ist (und auch dem Autor unbekannt war). Gründlich beschäftigt er sich mit dem „Makel, mit dem (…) nahezu alle dienstleistenden Tätigkeiten versehen wurden“ (S. 120), rechnet mit den Philosophen ab, für die als Arbeit nur die Industriearbeit des Proletariats („Industriearbeiterkult“) wirklich zählte. Honneth könnte Soziologinnen und Philosophinnen mit seinem ausführlichen Exkurs zu der „tiefsitzenden Unfähigkeit“ erfreuen, die Arbeit der „dienstbaren Geister“, der „personenbezogenen Dienstleistungen“ oder Haushaltstätigkeiten anzuerkennen. Diese Arbeit friste in der Wissenschaft „weiterhin ein Dasein unterhalb der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle“ (S. 128). Honneths Überblick über die Arbeitsverhältnisse im westlichen Europa des 19. und 20. Jahrhundert und ihre Bewertung durch Soziologie und Philosophie ist ein Reflexionsprozess, manchmal langatmig und allzu behutsam in der Kritik.

Und nun? fragt sich die interessierte Leserin allerdings nach dem Kapitel III: „Politischer Ausblick“. Seine Grundzüge einer demokratischen Politik der Arbeit (ab S. 316) fallen sehr skizzenhaft aus. „Eine neue demokratische Politik der Arbeit muss (…) bei dem ansetzen, was ist, und nüchtern die schon jetzt erkennbaren Chancen zu Verbesserungen und Umgestaltung der Arbeitsverhältnisse in den Blick nehmen“ (S. 320). Welche Chancen er meint, bleibt offen. Wo sein ziemlich idealisierter „Souverän“ arbeiten sollte, ebenso. Seine Hinweise auf selbstverwaltete (oft Frauen-)Kleinbetriebe in Frankreich entbehren nicht einer gewissen romantischen Verklärung, denn häufig arbeiten sie unter prekärsten Bedingungen: Es sind zumeist Überbleibsel von Filialschließungen globaler Player im ländlichen, deindustrialisierten Raum. Auch in (im westlichen Europa nicht sehr populären) Genossenschaften und kommunalen Unternehmen sieht er Chancen für eine größere Beteiligung und Mitbestimmung des „arbeitenden Souveräns“. Die gescheiterte Geschichte des deutschen Genossenschaftswesens (Coop oder Neue Heimat) sowie der volkseigenen Betriebe streift Honneth nicht einmal. So bleibt ein im freien Raum schwebender Auftrag des Sozialphilosophen an die Gewerkschaften, die ihm auf dem Neujahrsempfang so begeistert applaudiert haben.

Auf eine öffentliche Debatte zielt ein anderer Vorschlag Honneths: Es ist die Idee zur gesellschaftlichen Arbeit. Angesichts der sozialen und kulturellen Spaltungen in den Gesellschaften wäre es zu erwägen, meint er, „jedem arbeitsfähigen Gesellschaftsmitglied für eine kurze Phase seines Lebens – ich denke hier an ein oder zwei Jahre – die Aufgabe zuzumuten, für andere Personenkreise als die seines engsten Umfelds kurativ tätig zu werden, um auf diese Weise die demokratische Grundtugend des Hineinversetzens in unvertraute Existenzformen und Lebensschicksale zu erlernen“ (S. 328). Diese sprachlich umständlich verpackte Forderung nach einer sozialen Dienstpflicht hat Bundespräsident Franz Walter Steinmeier inzwischen aufgenommen, bisher mit überwiegend abwehrenden Reaktionen. Für den viel beschworenen gesellschaftlichen Zusammenhalt, der die liberalen Demokratien von Berlin bis Paris (und darüber hinaus) bedroht, wäre eine solche Verpflichtung dringend zu diskutieren. Nachahmenswerte Modelle gibt es in Deutschland bereits, allerdings aus der Beamtenschaft: So können Postbeamte (die es noch gibt) in den Vorruhestand gehen, wenn sie sich verpflichten, drei Jahre lang 1000 Stunden soziale Arbeit zu leisten. Ein Vorbild für die gesellschaftliche Arbeit der Zukunft? Ein kleiner Schritt zu einer Verteilung der Lasten zwischen den Generationen? Er sollte mit mehr gesellschaftlicher Phantasie gewagt werden.

Völlig ausgeblendet bleiben bei Honneths normativer Theorie der Arbeit, die eigentlich eine Theorie der modernen Demokratie ist, die ökologische Frage und die geopolitischen Machtverschiebungen. Die ökologischen und damit verbunden ökonomischen wie sozialen Herausforderungen verlangen einen tiefgreifenden und einschneidenden Bewusstseinswandel: In den Unternehmen, beim „arbeitenden Souverän“, bei der Berufswahl der jungen Generation, um beim engeren Thema der Arbeit zu bleiben. Und sie verlangen einen anderen, umfassenderen wissenschaftlichen Blick, vor allem der Soziologinnen und Soziologen.

Wie aber steht es um das sozialökologische Bewusstsein in Wirtschaft und Wissenschaft? Wer sind eigentlich die Träger/Trägerinnen der Arbeit der Zukunft? Berthold Vogel, Geschäftsführender Direktor des Göttinger Instituts für Sozialforschung und einer der Sprecher im Forschungsverbund »Gesellschaftlicher Zusammenhalt«, ist dieser Frage nachgegangen. In Mittelweg 36 (Heft 2, April/Mai 2023) beschreibt und lässt er „Landschaften der Arbeit“ beschreiben. Dabei spürt er nicht dem Spektakulären oder prekär Skandalösen nach, dem armen „Glück in der Kreativökonomie“, den „KI-Nerds“ oder hippen „Co-Working-Spaces“, sondern fragt nach der „Grundvoraussetzung für das Funktionieren des materiellen und technischen Alltags einer hochdifferenzierten Gesellschaft“. Dieser Alltag, der sich im Handwerk, in Familienbetrieben und bei lokal gebundenen Mittelständlern abspiele, habe in der Arbeitssoziologie eine unterbelichtete Rolle gespielt (siehe Honneths Kritik an dem „Industriearbeiterkult“). Dem Handwerk, so Vogel, hafte „unverdientermaßen der Ruf des Konservativen und Rückständigen an“. Wenig Aufmerksamkeit widme die Wissenschaft auch der Verwaltung, begegne ihr vielmehr mit „antibürokratischer Attitüde“, obwohl: „Bis heute ist die Verwaltung der Maschinenraum des demokratischen Staates und sichert die Rahmenbedingungen privaten Unternehmertums“ (S. 4). Die wissenschaftliche Literatur über diesen Maschinenraum ist mehr als überschaubar.

Der Blick auf den betrieblichen Alltag in der Automobilindustrie, auf die Voraussetzungen für den ökologischen Wandel im Handwerk, auf einen „normalen“ Bauernhof oder in die Amtsstuben der staatlichen Bürokratie erhellt, „dass im Landschaftsbild der Erwerbstätigkeit die Normalisierungsarbeit und die damit verknüpfte Normalisierungsfiktion auf eine radikale Verunsicherung treffen, die Stabilitätserwartungen und Fortschrittshoffnungen infrage stellen.“ Das bedeutet im Klartext: „Das Bedürfnis nach Routine, Anpassung, Beharrung und Selbsterhaltung, das wir in der Automobilindustrie ebenso finden wie in Handwerk, Landwirtschaft und Verwaltung, steht in einem Spannungsverhältnis zu Krieg,

Klimakatastrophe und pandemische Krankheitsbedrohung.“ Diesen Befund, der Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft aufschrecken und auf die starken, leise wirksamen Beharrungskräfte aufmerksam machen sollte, breiten Vogel und seine Mitautorinnen/Mitautoren (darunter Wolfgang Seibel, Uta Ruge, Kilian Bizer) in vier Beiträgen aus, verweisen auf wissenschaftliche blinde Flecken oder mehr als dürftige Einsichten, wie der „Angst vor einer neuen Welt“ begegnet werden könnte. Durch alle Beiträge, die ein Gespräch mit dem ehemaligen DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann abrundet, zieht sich die Frage, wer und wo eigentlich die Träger der Arbeit der Zukunft sind. Dekarbonisierung und Ökologisierung der Arbeit verändere nicht nur die Produktionsabläufe, schreibt Vogel, „sondern (führe) auch zu neuen Bewertungen von Berufen, Tätigkeiten und Qualifikationen“ (S. 11).

Eine mögliche Antwort auf diese Frage geben die drei alterfahrenen Arbeitsmarkt- und Berufsforscher Günther Schmid, Lutz Bellmann und Bernard Gazier sowie die in Kopenhagen lehrende Professorin Janine Leschke in einer gemeinsamen Studie, über die sie in der März-Nummer (Heft 179) der Mitteilungen des Berliner Wissenschaftszentrums (WZB) berichten. In „Berufliche Souveränität für Europas Jugend“ fordern sie einen Aufbruch zu einer neuen Jugendpolitik, die sich nicht in folgenlosen Formeln wie „Jugendgarantie“ erschöpft, sondern sich den Herausforderungen stellt.

Die Schwachstellen in den Unternehmen und bei den Jugendlichen selbst, die einen nichtakademischen Berufsweg einschlagen wollen, sind lange bekannt und finden sich Jahr für Jahr in den unterschiedlichen internationalen und nationalen Bildungsberichten. In Deutschland schrumpft die Bereitschaft, sich an der Ausbildung zu beteiligen, und immer wieder wird die kurzfristige Personalpolitik der Firmen beklagt, in der jede Sicht auf eine langfristige Entwicklung wie den Klimawandel und seine Folgen für die Produktion fehlt. Bei den Jugendlichen, den jungen Frauen wie Männern, herrsche nach wie vor eine kurzsichtige und risikoscheue Berufswahl vor.

Wer sich die Liste ansieht, welche nichtakademischen Ausbildungsberufe auf Platz 1 bis 10 zu finden sind, stellt ernüchtert fest: Es hat sich in der Berufswahl der jungen Generation jahrzehntelang wenig geändert. Soziale Berufe finden sich nicht unter den top ten, dagegen die Kauffrau im Büro und (neuerdings) im Online-Handel, die Verkäuferin, die Friseurin, der KFZ-Mechatroniker, der Elektroniker. Ausbildungsordnungen mit starken ökologischen Schwerpunkten sind immer noch Mangelware, Angebote für vielseitige Grundberufe wie Maurer oder Werkzeugmacher gibt es kaum noch. Und darüber hinaus sind in Europa 13,1 Prozent der jungen Frauen und Männer zwischen 15 und 29 Jahren „NEETs“ (not in education, employment, training), also weder in Bildung, Ausbildung oder Beschäftigung. Berufliche Souveränität bliebe diesen Jugendlichen verwehrt. Sie wird in der Studie definiert: „Berufliche Souveränität erlaubt es jungen Menschen, nicht nur einen würdigen Lebensunterhalt für sich selbst zu verdienen, sondern auch einen guten Teil der gesellschaftlichen Last des digitalen und grünen Strukturwandels mitzutragen“ (S. 35). Doch wie erlernt ein junger Mensch aus dem „lycée professionnel“ Souveränität? Wie kommt eine junge Generation „unbesorgt, ohne Scham und selbstbewusst“ (Honneth) zu Risikofreude und Unbefangenheit, zunächst einmal bei der Berufswahl? In der Studie schlägt die Gruppe um Günther Schmid finanzielle Unabhängigkeit durch eine Grundsicherung vor oder Stipendien wie in Dänemark, die Jugendliche ab 18 erhielten. Doch die „Angst vor der neuen Welt“, wie sie Berthold Vogel und seine Mitstreiter bei den Facharbeitern und IT-Angestellten in der Stuttgarter Automobilindustrie erfahren haben, lässt sich kaum allein mit Geld lindern. „Wir müssen unsere Denkwerkzeuge schärfen,“ sagte Vogel kürzlich in seinem Podcast. Das sollte nicht nur für Sozialphilosophen und Soziologen gelten, die über die Arbeit der Zukunft in modernen Demokratien forschen.

Letzte Änderung: 23.05.2023  |  Erstellt am: 21.05.2023

Der arbeitende Souverän | © Alexander Paul Englert

Axel Honneth Der arbeitende Souverän

Eine normative Theorie der Arbeit
396 S., geb.
ISBN-13: 9783518587973
Suhrkamp, Berlin 2023

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Kulturpolitische Mitteilungen Heft 179 | © Alexander Paul Englert

Katherine Heid Kulturpolitische Mitteilungen Heft 179

Mittelweg 36 | © Alexander Paul Englert

Berthold Vogel u.a. Mittelweg 36

Heft 2 April/Mai 2023
Landschaften der Arbeit
112 Seiten, Broschur
ISBN 978-3-86854-771-9

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Kommentare

Ralf Rath schreibt
Es wäre schon viel, wenn nicht alles gewonnen, falls die zahllosen, aber niemals von Erfolg gekrönten Versuche ein jähes Ende nähmen, dass "durchs Denkmittel der Negation ein Positives sich herstelle", wie Theodor W. Adorno seit dem Jahr 1966 längst kritisiert. Bedenkt man die physikalische Tatsache einer jedweder vollständigen Erkenntnis unter allen Umständen entzogenen Welt (Planck, in: Roos/Hermann (Hrsg.), 2001: 185), ist allein das sich der Arbeit am Begriff stets Entziehende das Positive. Die Wirklichkeit verhält sich demnach von Natur aus äußerst sperrig. Kein Mensch ist dadurch imstande, die damit faktisch und insofern prinzipiell existente Schranke jemals zu überwinden. Wenn nun anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Soziologischen Forschungsinstituts (SOFI) Göttingen mit dem heute geschäftsführenden Direktor Berthold Vogel zur Zukunft der Arbeit es noch immer um eine "Überwindung" (Baethge/Schumann, in: Moebius/Ploder (Hrsg.), 2018: 1055) geht, zeugt solch eine Formulierung eines Forschungsprogramms mehr als augenfällig davon, einer zutiefst falschen Praxis das Wort zu reden. Zwar forderte allen voran Sigmar Gabriel als einstiger Vizekanzler und Vorsitzender der SPD, mit öffentlichen Geldern der Europäischen Union von Menschenhand "selbst tragende Strukturen" (ders., in: Lompe/Oberbeck, 2003: 208) zu erschaffen und zu finanzieren. Ein notwendiger Umschlag zugunsten einer richtigen Praxis, die sich im Klaren darüber ist, dass in einer mehrdimensional verfassten Realität die unendlich vielen Ausdehnungen "durch einander" (Simmel, 1907: 58ff, 2. Aufl.) auf ewig einen tragenden Zusammenhang bilden und sich derlei Ansinnen noch von höchsten Regierungsmitgliedern von vornherein erübrigt, könnte deshalb erfolgen, falls die dementsprechende Erkenntnis fruchtet und nicht unablässig Anstalten unternommen werden, sie bereits im Keim zu ersticken, wie Friedrich Pollok als die graue Eminenz der Frankfurter Schule bis auf die Gegenwart fortgesetzt reklamiert.

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