Meistens in Bewegung

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Kafkas Zeichnungen

Gegen seinen Willen wurden die Schriften Franz Kafkas veröffentlicht – und nun auch seine Zeichnungen. Für diesen Ungehorsam sind wir bislang dankbar gewesen. Stefana Sabin skizziert die Geschichte der Papiere und den Eindruck, den der grafische Nachlass des Prager Schriftstellers bei ihr hinterließ.

Zwar hat er zu Lebzeiten nur einige hundert Seiten veröffentlicht und seinem Freund und Nachlassvollstrecker Max Brod aufgebürdet, die Manuskripte zu zerstören – aber Franz Kafka (1883-1924) gehört zu jenen Dichtern, die das Selbstverständnis der Moderne geprägt und Figuren von geradezu prototypischen Gestalt geschaffen haben. Deshalb werden sein Werk und seine Biographie – fast 100 Jahre nach seinem Tod – immer neu beleuchtet und werden Zeugnisse seines Denkens und Schaffens hinterfragt. Nun lässt sich ein weiterer Teil seiner Vorstellungswelt erschliessen, denn Andreas Kilcher, Professor für Literaturwissenschaft an der ETH Zürich, hat in einem prächtigen Band Kafkas Zeichnungen zusammengetragen.

Zeichnung von Franz Kafka. | © Foto: Foto: Ardon Bar Hama

Die Existenz dieser Zeichnungen war bekannt, manche davon hatte Brod schon in den dreißiger Jahren veröffentlicht, einige hatte er sogar 1952 an die Wiener Albertina verkauft. Nach Brods Tod 1968 hatte seine Lebenspartnerin Ilse Ester Hoffe die Zeichnungen in ihrer Wohnung in der Spinoza-Strasse in Tel Aviv gehütet, während sie andere Teile des Brod- bzw. Kafka-Nachlasses in Banksafes weggesperrt hatte. Nach ihrem Tod 2007 entbrannte ein weitreichender Streit über die rechtmäßigen Erben dieses literaturhistorisch wertvollen Nachlasses, den der Staat Israel 2016 für sich entschied. Seitdem 2019 das Urteil allgemein anerkannt wurde, ist gewissermassen der Weg der Forschung geebnet – und die Veröffentlichung der 163 erhaltenen Zeichnungen sind ein Ergebnis dieser neuen Möglichkeiten.

Diese Zeichnungen – Einzelblätter, Zeichnungen in Briefen und Notizheften – zeigen minimalistisch stilisierte Figuren, mensch-tierische Mischgestalten, die ein bißchen grotesk und ein bißchen karikatural wirken und meistens in Bewegung sind. Es sind keine Illustrationen, sondern Improvisationen, die sich rein ästhetischen Kriterien entziehen und nur im Kontext des erzählerischen Werks von Kafka ihre Bedeutung erhalten.

Letzte Änderung: 21.12.2021  |  Erstellt am: 21.12.2021

Franz Kafka Die Zeichnungen

Franz Kafka Die Zeichnungen

Herausgegeben von Andreas Kilcher unter Mitarbeit von Pavel Schmidt
mit Essays von Judith Butler und Andreas Kilcher
368 Seiten, geb.
ISBN-13: 9783406776588
C.H.Beck Verlag, München 2021

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