Die eingewanderte Moderne

Die eingewanderte Moderne

Ausstellung im Palazzo Venier in Venedig

Allgemein bekannt sind die Meisterwerke der Klassischen Moderne, die Peggy Guggenheim zusammengetragen hat und die in dem nach ihr benannten Museum im Palazzo Venier in Venedig zu sehen sind. Weniger bekannt sind die Kunstwerke aus Afrika, Ozeanien und Südamerika, die sie seit den fünfziger Jahren ebenfalls gesammelt hat. „Ich schlug eine andere Richtung ein,“ schreibt Guggenheim in ihren Bekenntnisse einer leidenschaftlichen Sammlerin, „Ich fing an, frühkolumbianische Kunst zu kaufen. In kurzer Zeit war ich die stolze Besitzerin von zwölf fantastischen Artefakten – Masken und Skulpturen aus Neuguinea, Kongo, Sudan, Peru, Brasilien.“
Tatsächlich hat sie eine bedeutende Sammlung außereuropäische Kunst hinterlassen, die sowohl die Offenheit des Kunstmarktes als auch das Interesse der Sammler für diese als exotisch betrachteten Kulturen vorführt. Zur Zeit werden 35 Objekte aus Guggenheims Sammlung außereuropäischer Kunst unter dem Titel „Migrating Objects, Wandernde Objekte” am Canale Grande gezeigt und in einen ästhetischen Dialog mit Werken der europäischen Moderne gestellt. So wird erkennbar, wie die Heroen der Moderne von Kunst und Kunsthandwerk aus fernen Weltteilen beeinflusst wurden und wie sie sich Stildetails und Merkmale fantasievoll angeeignet haben – so zum Beispiel Picasso, der selber verschiedene solche Artefakte besaß und deren Einfluss offen erkennen ließ. Peggy Guggenheim, die den stilistischen Zusammenhang zwischen der außereuropäischen Kunst und der europäischen Moderne erkannt hatte, stellte im Eingangsbereich ihres venezianischen Palazzo die imposante Schultermaske D’mba aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts neben Werke von Picasso aus der selben Zeit. Auch in der gegenwärtigen Ausstellung ist diese Schultermaske eines unbekannten Baga-Volkskünstlers aus Niederguinea im selben Raum wie Picassos „Brustbild eines Mannes im gestreiften Trikot“ (1939) installiert, so dass die stilistische Aneignung deutlich wird – und damit auch eine formale Verwandtschaft des Kubismus mit der afrikanischen Volkskunst.
Die Ausstellung, die das Ergebnis ausgiebiger Erforschung der außereuropäischen Werke in der Guggenheim-Sammlung ist, will die Wanderung ästhetischer Vorstellungen und ihre Auswirkung auf die europäische Moderne sichtbar machen.

Letzte Änderung: 15.11.2021  |  Erstellt am: 15.11.2021

Peggy Guggenheim Collection, Venedig

Migrating Objects: Arts of Africa, Oceania, and the Americas

Dauer der Ausstellung:
6. Oktober 2021 – 10. Januar 2022

Kuratiert von Christa Clarke, R. Tripp Evans, Ellen McBreen, Fanny Wonu Veys, Vivien Greene

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