Graffiti gelten als Kunst mit einem eigenen stilistischen Kanon, einer ausdifferenzierten Gruppenästhetik, Stars und konkurrierenden Nacheiferern. Walter H. Krämer hat die wundersamen und manchmal rätselhaften Gemälde im öffentlichen Raum der Metropole Frankfurt fotografiert und kommentiert. Nicht alle Graffiti oder Murals sind noch zu finden – denn das Sprühen auf Häuserwände, Betonmauern und Zäune ist eine kurzlebige Kunst. Hier ist die zwölfte Sammlung.
Buchstaben sind die Grundelemente beim Graffiti und beeindruckende Graffiti zu kreieren, die als farbenfrohe Flächen kunstwerkartig Wände zieren, ist nichts, was in wenigen Tagen gelernt werden kann.
Graffiti setzen Übung und Erfahrung voraus und diese erwirbt der Writer eben nur durch kontinuierliche Praxis. Genauso wichtig ist aber, dass die Grundlagen beim Graffiti bekannt sind.
Graffiti arbeiten im Wesentlichen mit Kreisen, Ovalen, Rechtecken, Rauten, Dreiecken, Punkten und Linien. Diese geometrischen Grundformen werden dynamisch miteinander kombiniert und in verschiedenen Styles ausgearbeitet. Der Ursprung vom Graffiti liegt jedoch im Schreiben. Während Graffiti-Künstler im Englischen korrekterweise Writer, also Schreiber, genannt werden und die Tätigkeit selbst Writing genannt wird, wird im Deutschen üblicherweise von Sprühern gesprochen.
Ein Writer greift zwar meist zur Spraydose, wenn er Graffiti gestaltet, im Prinzip schreibt er jedoch lediglich seinen Namen oder bestimmte Wörter. In diesem Sinne geht es beim Graffiti deshalb auch weniger um das Malen, sondern vielmehr um die Typografie und somit um die Auseinandersetzung und die Gestaltung von Schriften. Im Unterschied zur Typografie und Grafik im engeren Sinne liegt das Ziel beim Graffiti allerdings nicht in der Lesbarkeit der Schriften.
Beim Graffito wird überwiegend mit Großbuchstaben gearbeitet. Dies liegt daran, dass Großbuchstaben klarere Formen haben und somit weitaus mehr Gestaltungsmöglichkeiten bieten als Kleinbuchstaben.
Stattdessen steht das Design im Fokus. Trotzdem bilden Buchstaben die Grundlage beim Graffito und es macht keinen Sinn, die Buchstaben so zu verändern, dass sie nicht mehr erkennbar sind. Anders ausgedrückt heißt das: Ein E ist ein E und bleibt ein E.
Natürlich kann und wird der Writer seinen eigenen Stil entwickeln, um dieses E letztlich zu gestalten. Trotzdem muss er die Grundform des Buchstabens beibehalten.
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Ein Übungsfeld für Graffiti Künstler*innen oder solche, die es werden wollen, ist die Freifläche auf dem Gelände der Naxoshalle. Hier entstehen immer wieder Neues. Man entdeckt dort natürlich auch Altes, das noch nicht übersprüht wurde und Zeiten überdauert hat, aber interessant sind die immer wieder neu gesprühten Werke, deren Lebensdauer keiner im Voraus absehen kann, denn schon bald könnte das eine Werk durch ein anderes übersprüht werden. Es macht also Sinn, des Öfteren dort vorbeizuschauen und sich beeindrucken und überraschen zu lassen. Hier sind Arbeiten versammelt, die ich am Freitag, den 7. Juli 2023 dort fotografieren konnte – auf Türen, Containerwänden und dem schon fast legendären Naxoshallenpferd.
Pferde verleihen uns die Flügel, die wir nicht haben!
Der Charakter der Graffiti-Kunst bewegt sich zwischen einerseits illegaler, auch riskanter Protestäußerung und andererseits etablierter Kunstform. Im Zuge des Bestrebens, unerwünschte Graffitis von öffentlichen Bauten fernzuhalten, wurden mehrere Projekte in Zusammenarbeit von Stadtverwaltung und_* NAXOSATELIER*_ entwickelt. Unter anderem stehen dafür im Frankfurter Stadtraum Orte für legal angebrachte Graffitis zur Verfügung: etwa die Freiluftgalerie an der Friedensbrücke und der „Wall of Fame“ am Ratswegkreisel.
Neben dem Freigelände rund um die Naxoshalle gibt es also noch zwei weitere Möglichkeiten / Orte, an den sich angehende Graffitikünstler*innen oder solche, die es werden wollen oder schon sind, legal „austoben“ können und diese Flächen gestalten.
In Absprache mit der Stadt sorgt hier das NAXOSATELIER für Ordnung und einen geregelten Ablauf. Immer wieder sorgen dort auch bestimmte Events und Veranstaltungen für Aufmerksamkeit, und es entstehen neue Graffitis.
Eine solche Veranstaltung – siehe Flyer – fand am 8. Juli 2023 in der Freiluftgalerie Friedensbrücke statt.
Alle hier gezeigten Graffiti entstanden in diesem Zusammenhang / an diesem Tag.
Übermalen ist ausdrücklich nicht verboten – deshalb hier noch sichtbar und bewusst mit auf dem Foto – Reste des wunderbaren Guernica Graffitis rechts oben. Allerdings gibt es derzeit eine Ausnahme: das Mural mit den ermordeten Menschen von Hanau darf bis auf Weiteres nicht angetastet und übermalt werden – eine kluge und richtige Entscheidung seitens der Macher*innen vom NAXOSATELIER:
Es ist deshalb davon auszugehen, dass über kurz oder lang – mit der beschriebenen und gezeigten Ausnahme – die hier vorgestellten Werke verschwunden sind und andere Graffiti an deren Stelle zu sehen sind / gesprüht werden.
Alle Fotos von Walter H. Krämer
Letzte Änderung: 16.08.2023 | Erstellt am: 16.08.2023
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