Stühlerücken beim PEN

Stühlerücken beim PEN

Kontrapunkt

Josef Haslinger hat im Darmstädter PEN den Präsidentenstuhl für José Francisco Agüera Oliver geräumt und ist nun Ehrenpräsident der Institution. Seit dem Eklat, der zur Gründung eines neuen PEN in Berlin führte, ist auch die Ehre des alten in den Fokus geraten. Thomas Rothschild ist dabei etwas aufgefallen.

„In ruhiger Kontinuität und Loyalität hat sie mitgedacht und manch gute Anregung gegeben und konstruktive Vorschläge eingebracht. Mit ihr hat Christoph Hein eine renommierte Schriftstellerin und Mitstreiterin für die Meinungsfreiheit als Ehrenpräsidentin an seiner Seite.“ Mit diesen feurigen Worten hat die damalige Präsidentin des deutschen PEN Regula Venske vor zwei Jahren die Wahl von Ursula Krechel zur Ehrenpräsidentin der Schriftstellervereinigung gepriesen. Inzwischen ist Ursula Krechel weder Ehrenpräsidentin, noch Mitglied des Darmstädter Clubs. Zusammen mit zahlreichen Mitgliedern, auch aus dem Präsidium, hat sie zum neu gegründeten PEN Berlin gewechselt. Stillschweigend, ohne Pressemeldung und ohne Tamtam, wurde derweil Josef Haslinger an ihrer Stelle zum Ehrenpräsidenten gemacht. Über Jahre hinweg hatte man, nachdem die früheren Ehrenpräsidenten weggestorben waren und nur noch Christoph Hein übrig geblieben war, nach einer Frau fürs Präsidium gesucht. Jetzt ist es wieder rein männlich. Mit Haslinger hat der deutsche PEN einen Ehrenpräsidenten, dessen Ehrgeiz und Wendigkeit, wie jeder weiß, der ihn etwas besser kennt, alles übertrifft, was ihm seine Bewunderer an Verdiensten und Tugenden zuschreiben. Nun ja, Haslinger qualifiziert sich für alles, wie Nestroys Titus Feuerfuchs. Und auf seinen österreichischen Charme fallen die Deutschen gerne herein.

Man muss allerdings beim PEN nicht Österreicher sein, um heute als Vorwand zu entlarven, was man gestern versichert hat. Als sich Regula Venske 2021 nicht mehr für die Präsidentschaft zur Wahl stellte, gab sie als Grund an, dass sie sich wieder ihrer literarischen Arbeit widmen wolle. Es ist kein ganzes Jahr vergangen, da hat sie sich zur Generalsekretärin des Internationalen PEN wählen lassen, dessen „Board“ sie schon seit längerem, auf Vorschlag von Josef Haslinger und mit dessen unwiderlegbarer Mahnung, dass dafür nur eine Frau in Frage komme, angehörte. Offenbar ist sie zu der Erkenntnis gelangt, dass ihr literarisches Werk für die Menschheit doch nicht so unverzichtbar sei.

Vielleicht sollten sich Regula Venske und Josef Haslinger an Groucho Marx orientieren. Von ihm stammt der Ausspruch: „I don’t want to belong to any club that would have me as a member.“

Letzte Änderung: 11.11.2022  |  Erstellt am: 11.11.2022

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Kommentare

Matthias Buth schreibt
Ein guter Artikel. Die Selbstoptimierer Venske und Haslinger haben mehr drauf als viele SEDisten. Anders als bei PEN-Versammlungen wurden im real existierenden Sozialalismus bei Abstimmungen über Neumitglieder "Enthaltungen" nicht als "Nein-Stimmen" gezählt. So viel demokratisches Grundverständnis hatte der PEN lange Jahre nicht, trotz des Notars Dr. Uebe (nicht-literarisches PEN-Mitglied) als Rechtsberater. Man wollte eben Meinungen steuern und sich die von Michael Naumann als Kulturstaatsminister eingefädelte Bundesförderung erhalten. Schöne Demokraten von Recht und Gesetz!

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