„Nie wieder“ darf keine leere Formel bleiben
Der gewaltsame Übergriff auf israelische Fußballfans in Amsterdam offenbart eine alarmierende Wiederkehr von Antisemitismus in Europa. Die Ereignisse werfen einen düsteren Schatten auf die Gesellschaft und fordern eine entschlossene Reaktion von Politik und Öffentlichkeit, um Hass und Gewalt entschieden entgegenzutreten.
Der gestrige brutale Übergriff auf israelische Fußballfans nach dem Spiel zwischen Maccabi Tel Aviv und Ajax Amsterdam ist ein verstörendes Beispiel dafür, wie Antisemitismus in Europa eine beunruhigende neue Dimension erreicht hat. Was sich in der Nacht auf Freitag in den Straßen Amsterdams abspielte, war mehr als eine weitere Randale im Kontext sportlicher Rivalität. Es war ein gezielter Akt der Gewalt, der tief verwurzelte Ressentiments gegen Juden und Israelis offenlegte und die dunkelsten Erinnerungen an die europäische Vergangenheit wachrief.
Premierminister Dick Schoof bezeichnete den Vorfall als „gezielt antisemitischen Angriff“ und versprach entschlossene Maßnahmen, um solche Übergriffe in Zukunft zu verhindern. Es darf keine Toleranz gegenüber solchem Hass geben, der weit über politische Auseinandersetzungen hinausgeht und auf die gezielte Verfolgung von Menschen zielt – allein wegen ihrer Herkunft oder Religion. Die Reaktion der Amsterdamer Bürgermeisterin, die von einer „Schande für Amsterdam“ sprach, ist angemessen. Dieser Vorfall hat Risse im moralischen Fundament der niederländischen Gesellschaft aufgerissen, das seit dem Holocaust auf dem Versprechen von „Nie wieder“ beruht.
Gerade in einer Zeit, in der Europa der Reichspogromnacht gedenkt – einer der dunkelsten Stunden seiner Geschichte –, zeigt der Vorfall in Amsterdam, dass diese Mahnung nicht zur bloßen Formel verkommen darf. Der Kampf gegen Antisemitismus ist kein historisches Relikt, sondern eine drängende Aufgabe der Gegenwart, die politische Entschlossenheit und gesellschaftliche Wachsamkeit erfordert. Es ist ein Kampf für eine Gesellschaft, in der die Würde des Menschen tatsächlich unantastbar bleibt – die Grundvoraussetzung für unsere Demokratie und ein Leben in Freiheit ohne Angst.
Dass solche Bilder von Hetze und Gewalt gerade in den liberalen Niederlanden auftauchen, muss ein Weckruf für all jene sein, die glauben, Antisemitismus sei überwunden. Die Empörung in Israel und weltweit, die Worte von Präsident Isaac Herzog, der von einem „antisemitischen Pogrom im Herzen Amsterdams“ sprach, unterstreichen die tiefe Erschütterung, die weit über die jüdische Gemeinschaft hinausreicht.
Nun ist es an den politischen und gesellschaftlichen Akteuren in den Niederlanden und Europa, klar zu machen, dass Antisemitismus keinen Raum haben darf – weder in Stadien, noch auf den Straßen oder im öffentlichen Diskurs. Es braucht ein entschlossenes Vorgehen gegen die Täter, aber ebenso eine nachhaltige Bildungsarbeit, die das Gift des Antisemitismus an der Wurzel packt. Europas Identität speist sich aus den Lehren seiner Geschichte. Jeder Angriff auf jüdisches Leben ist ein Angriff auf den Kern unserer demokratischen Zivilgesellschaft und damit ein Angriff auf jeden einzelnen von uns, der an Freiheit und Demokratie und Menschenwürde glaubt.
Letzte Änderung: 09.11.2024 | Erstellt am: 09.11.2024
Kommentare
Es wurde noch kein Kommentar eingetragen.