
Er hat alles: Ansehen, Erfolg, eine brillante Frau an seiner Seite, wenn da nicht diese eine Sache im Raum stünde … Alban Nikolai Herbst erzählt die kurze Geschichte einer peinlichen Angewohnheit, die alles zerstören kann.
Eigentlich hätten wir glücklich werden können. Bloß machte sie überall hin. Etwa, wenn wir eingeladen waren. Ich habe eine Position. Da muß man seriös wirken; hätte ich nicht repräsentieren müssen, wäre es etwas andres gewesen. Doch wenn gerade dann … – Es reicht eben nicht, daß die Frau an Ihrer Seite schön ist und Intelligenz zeigt, Umgangsformen, ja sogar Bildung hat. Und wenn ich einmal ehrlich bin, sehr viel mehr als ich. So daß sich alle fragten: Was findet die an ihm? Ich bin ja eher unauffällig, Leuten wie mir traut man solche Frauen nicht zu. Auf einmal kriegt man Angebote … Es kommt auf Ihr Können immer erst in zweiter Linie an. Wichtiger ist, wer Sie begleitet. Sie erst, meine Frau, hat mir Planck und Berkeley geöffnet. Alles lief gut, mehr noch, ausgezeichnet. Doch plötzlich … Also, wir begeben uns auf den Begrüßungsempfang … und nicht etwa verstohlen in eine Ecke, nein: mitten in den Raum! Ein andermal Kongreß, ich soll eine Rede halten, und aber sie … – Da fragen Sie ernsthaft, weshalb ich wieder allein und nach hier hinten versetzt worden bin? Und ob ich mich sehne? Ich weine, Frau Christians! Man sieht es nicht. Doch im Innern weine ich von früh bis spät. Wie glücklich hätten wir werden können!
Letzte Änderung: 14.03.2025 | Erstellt am: 14.03.2025
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