HERR T.

HERR T.

Italienische Woche bei Faust Kultur
Logo des Ehrengasts Italien auf der Buchmesse 2024 | © Frankfurter Buchmesse

Italien präsentiert sich als diesjähriger Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse mit mehr als 90 Autoren und mehr als 230 Verlagen und Literaturagenturen. Faust Kultur widmet die Woche vom 14.10.-20.10.2024 starken, zukunftsträchtigen Stimmen italienischer Autorinnen und Autoren und veröffentlicht zu Ehren des Gastlandes diverse Kurzprosatexte im Rahmen unserer Kooperation mit dem italienischen Magazin Il cucchiaio nell’orecchio in deutscher Übersetzung.

HERR T.

Monster habe ich viele gekannt, doch keines wie Herrn T. Eines Morgens trat Herr T. aus dem Fußgängertunnel, der zu den Zügen führte. Finster, das Gesicht aus Kohle, rußgeschwärzte Ringe unter den Augen, scharfe Falten, als hätte man die Linien mit Kugelschreiber nachgezeichnet. In der stickigen Luft konnte man kaum atmen. Oscar wollte uns den Käfig mit dem Kanarienvogel bringen.

„Deine Dummheit ist schlimmer, als an der nächsten Ecke Mister Terror zu begegnen“, sagte ich im Wissen über die Gerüchte, die von den eisglatten Wänden tropften. „Das hier sind Orte, wo einem gewisse Dinge zustoßen, sogar Krokodile, genau wie in den Abwasserkanälen von New York.“ Man liest die Nachrichten in den Zeitungen und glaubt es. In den Nachrichten erzählen sie dir dies und das, und du denkst, ja, wie denn sonst? warum? inwiefern? Die Stimmen überschlagen sich, jagen einander auf den Bahnschwellen, schlüpfen zwischen den Gleisen hindurch. Es gibt Gerüchte über einen Auftrag, manche behaupten, wir seien zwei Verrückte gewesen, andere, wir hätten Ärger gesucht, es ist klar, dass man so gottverlassen früher oder später gewisse Dinge anstellt aus Hunger und so weiter.

Herr T. schlich herum, während die Sonne ihm die Augen sengte, nachts, bereits bei Sonnenuntergang, konnte man ihn manchmal ausmachen, wie er auf einem Pylon vor einem Geldscheinautomaten balancierte beim Informationsschalter oder dem Fundbüro. Oscar und ich sahen ihn von Weitem, wie er die Gleise entlangging. Nur wenige hatten wie wir das Glück, ihn zu sehen. Wir hatten beschlossen den Zug zu nehmen und sind stattdessen unter die Räder gekommen. Und jetzt tuscheln die Stimmen im Tunnel, reden schlecht über uns, über mich und Oscar, über das Gedränge und den Zug, der noch nicht eingetroffen war, über die dadurch verursachte Verspätung und den Anpfiff, den du dir dadurch eingehandelt hast, man sagt, dass ich morgen das Auto nehmen werde, doch von Oskar, von mir, der ihn um die Ecke biegen sah, spricht niemand.

Aus dem Italienischen von Elvira M. Gross

IL SIGNOR T.

Mostri ne avevo conosciuti tanti, mai come il signor T. Fu che una mattina il signor T sbucò dal sottopasso che portava ai treni. Torvo, la faccia di carbone, le occhiaie di fuliggine, rughe nette, il tratto di quando calchi con la biro. Nell’aria attufata, si respirava male. Oscar ci voleva portare la gabbietta con il canarino. «Sei scemo te, peggio che svoltare un angolo e imbattersi nel signor Terrore» dissi io che la sapevo lunga sulle voci che colavano dalle pareti scivolose. «Sono posti dove succedono cose, pure i coccodrilli, uguale alle fogne di New York.» Si leggono notizie sui giornali e uno ci crede. Nella cronaca ti dicono questo e quello e tu pensi che sì, come altro? perché? per come? Le voci corrono s’inseguono sulle traversine, s’infilano tra i binari. Si vocifera una commessa, certi dicono che eravamo due spostati, altri che cercavamo rogna, chiaro come l’acqua che prima o poi, due derelitti, con la fame fai certe robe, e così via. Il signor T. si aggirava quando il sole bruciava la vista e a notte, già dal tramonto, capitava di adocchiarlo, in equilibrio su un pilone, davanti a una biglietteria automatica a tirar giù cristi, all’Ufficio informazioni, al banco degli oggetti smarriti. Io e Oscar l’abbiamo visto da lontano, camminava lungo i binari. Eravamo in pochi ad avere la fortuna di vederlo. Avevamo deciso di prendere il treno e invece ci siamo finiti sotto. E adesso le chiacchiere spifferano nel tunnel, parlano male di noi, di me e Oscar, del pigia pigia e del treno che non era ancora arrivato, del ritardo che ha portato poi e della sgridata che ti sei preso, parla di domani prendo la macchina, invece di Oscar, di me, che l’ho
visto girare l’angolo, non parla nessuno.

Letzte Änderung: 15.10.2024  |  Erstellt am: 14.10.2024

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