Kinderbuchmesse Bologna 2024

Kinderbuchmesse Bologna 2024

Neue Trends nach Corona
Eingang zur Kinderbuchmesse in Bologna | © Foto der Autorin

Ehrengast der Messe war Slowenien, und unter den mehr als 1.500 Ausstellern aus 100 Ländern war China wieder in voller Stärke vertreten; zum ersten Mal war Nachhaltigkeit ein Schwerpunktthema; das Interesse an Graphic Novels stieg stark an und bestätigte den anhaltenden bewährten Fokus auf Illustratoren.

Der Originalartikel ist in englischer Sprache im Impakter Magazin erschienen.

Am Montag, den 8. April 2024 eröffnete die Bologna Children’s Book Fair (BCBF) in Bologna, Italien – die weltweit größte Messe für Kinderliteratur seit ihrer Gründung vor 61 Jahren. Sie dauerte vier Tage und zählte 1.523 Aussteller aus 100 Ländern, wobei Slowenien als Ehrengast auftrat. Wie jedes Jahr war sie erfolgreich, dieses Jahr fühlte sie sich jedoch anders an, als hätte sie einen echten Wendepunkt erreicht.

Ehrengast Slowenien auf der Kinderbuchmesse in Bologna | © Foto: Autorin

Dass die Messe ein großer Erfolg war, beweist die Zahl der Fachbesucher: Nach Angaben der BolognaFiere Group betrug sie 31735, was einem Anstieg von 10 Prozent gegenüber 2023 entspricht. Zu den neuen Ländern gehörten Angola, Belarus, Benin, Bolivien, Kamerun, Kolumbien, Luxemburg, Mauritius, Monaco, Moldawien, Paraguay, die Philippinen, Togo und Uganda.

Die Besucherzahl wurde auch durch die besondere „Markenerweiterung“ der Messe erhöht, die in Form von begleitenden Präsentationen auf der Bologna Book Plus und der Bologna Licensing Trade Fair/Kids stattfand und die Promotoren zusammenbrachte und Inhalte aus der gesamten Buchproduktionskette präsentierte.

Auch die internationale Presse berichtete umfassend über die Messe, mit mehr als 40 Journalisten, darunter eine ausführliche Berichterstattung über alle Aspekte der Messe von Publishing Perspectives.

Veranstaltung im Illustrators Café | © Foto: Autorin

Auf der Messe selbst fanden 386 Veranstaltungen statt, hinzu kamen mehr als 220 Veranstaltungen auf dem Messegelände und in anderen Teilen der Stadt – mehr, als ein einziger Besucher je besuchen könnte. Es war für jeden etwas dabei.

Bologna hat eine lange Tradition, Künstler und Illustratoren zu empfangen, und verfügt über zahlreiche Bibliotheken, die Kinderbücher ausstellen – ganz zu schweigen von der großartigen öffentlichen Bibliothek, der Sala Borsa im Zentrum der Altstadt, die allen offensteht, aber besonders auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet ist:

Eingang der Stadtbibliothek von Bologna (Sala Borsa) | © Foto: Autorin

Auch China war wieder mit über 100 chinesischen Ausstellern vertreten, einschließlich Veranstaltungen wie „Data Release and Case Analysis of the Chinese Children’s Book Market“ (Datenfreigabe und Fallanalyse des chinesischen Kinderbuchmarktes), die Einblicke in den boomenden chinesischen Markt boten, der über 360 Millionen Kinder und Jugendliche mit über 40.000 jährlich veröffentlichten Titeln versorgt.

China hat auch seine eigene große Kinderbuchmesse, die China Shanghai International Children’s Book Fair (CCBF), die im November stattfinden wird.

Die Kinderbuchmesse von Bologna: Auf der Suche nach neuen Ideen, von Romantasy bis Graphic Novel

Die Pandemie, die zu einem plötzlichen Anstieg der Kinderbuchverkäufe und einem erheblichen Rückgang der Besucherzahlen bei öffentlichen Veranstaltungen geführt hatte, ist nun definitiv vorbei. Der pandemische Höhepunkt der Verkaufszahlen ist nur noch eine entfernte Erinnerung, und die Welt der Kinderbuchverlage kehrt zur Normalität zurück. Buchmessen auf der ganzen Welt – vor allem die gerade zu Ende gegangene Londoner Buchmesse und die im Oktober stattfindende Frankfurter Buchmesse – dienen als Indikator dafür, was gerade angesagt ist, und als Ausgangspunkt für neue Ideen und Trends.

Verleger, Redakteure und Agenten stellen fest, dass sie Lücken in ihren Titellisten haben, besonders in der mittleren Altersklasse (Bücher für die Altersgruppe 8-12).

Wie Publishers’ Weekly berichtet, ist derzeit ein neues Crossover-Genre im Kommen, das als „Romantasy“ bezeichnet wird und Fantasy mit Romantik verbindet. Ein weiterer neuer Trend, der (je nach Betrachtungsweise) die Kategorie der mittleren Altersklasse (Bücher für 8- bis 12-Jährige) „erobert“ oder vor dem Zusammenbruch „gerettet“ hat, sind Graphic Novels.

Auf der Buchmesse in Bologna durfte ein großer Bereich für Comics nicht fehlen, mit Veröffentlichungen aus allen Teilen der Welt:

Comic-Ecke auf der Buchmesse in Bologna | © Foto: Autorin

Der Schwerpunkt der Messe lag jedoch weiterhin auf Illustrationen und der Welt der Autor-Illustratoren, von Bilderbüchern für junge Leser bis hin zu Graphic Novels für junge Erwachsene (14 bis 18 Jahre). Bei der wichtigsten Illustratorenausstellung, die zum 58. Mal stattfand, reichten über 3.500 Künstler aus 81 Ländern 17.600 Arbeiten ein. Am Ende gab es 344 Finalisten und insgesamt 79 Künstler aus 31 Ländern schafften es auf die begehrte Liste.

Die Gewinner des Hans-Christian-Andersen-Preises 2024, der im Rahmen von IBBY als Anerkennung für das Lebenswerk verliehen wird, wurden am ersten Messetag bekannt gegeben und zogen eine große Besucherzahl an:

Bekanntgabe des Andersen-Preises auf der Messe | © Foto: Autorin

Die Preisträger waren Heinz Janisch aus Österreich, ein Meister der Kurzgeschichten, die der Fantasie der Leser Raum lassen, und Sydney Smith aus Kanada, der für seine Illustrationen ausgezeichnet wurde, die sich durch authentische Charaktere und die besondere Darstellung von Gefühlen auszeichnen.

Auf der Messe gab es ein neues Thema für Kinder: Nachhaltigkeit

Mit einer Ausstellung von rund 70 Titeln zum Thema Nachhaltigkeit und einer Debatte mit dem prägnanten Titel „Lesen für einen gesunden Planeten“ sollten Fachbesucher, Verleger, Redakteure und Literaturagenten für „Kinderbücher als Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft“ interessiert werden.

Die Buchausstellung umfasste alle Altersgruppen und Genres, von Belletristik bis zu Sachbüchern:

Buchausstellung auf der BCBF 2024: Einige der 70 Titel zum Thema Nachhaltigkeit (Ausschnitt) | © Foto: Autorin

Die Debatte, die am 8. April im Autorencafé stattfand, wurde sowohl vom BCBF als auch von den Vereinten Nationen mit Irina Lumelsky, der amtierenden Leiterin der UN-Publikationen, und in Zusammenarbeit mit der Präsidentin der International Publishers Association (IPA), Karine Pansa, ausgerichtet.

Unter der kompetenten Moderation von Ed Nawotka, Senior Editor bei Publishers Weekly, diskutierten Ferdinando Boero, Präsident der Dohrn-Stiftung, Inès Castel-Branco, Verlegerin von Akiara Books, und Elisa Palazzi, Kinderbuchautorin und Professorin für Klimaphysik an der Universität von Turin.

Nachhaltigkeitsdebatte, moderiert von PW-Chefredakteur Ed Nawotka (links) | © Foto: UN Publikationen

All dies fand im Rahmen der Aktivitäten des Buchclubs für nachhaltige Entwicklung statt, der, wie auf seiner Website zu lesen ist darauf abzielt:

„Bücher als Instrument zu nutzen, um Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren zu ermutigen, sich mit den Grundsätzen der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) auseinanderzusetzen, und zwar durch eine zusammengestellte Leseliste mit Büchern aus der ganzen Welt, die sich auf jedes der 17 SDGs beziehen, und zwar in allen sechs offiziellen UN-Sprachen – Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch.“

Der Club versammelt alle Verleger, die den SDG-Pakt der Verleger unterzeichnet haben – ein wichtiges Ereignis, über das bei Impakter berichtet wurde, als er im Jahr 2020 ins Leben gerufen wurde. Sie kommen aus der ganzen Welt, und wie ein kurzer Blick auf die Liste der Unterzeichner zeigt, haben sich viele große Verlage angeschlossen.

Im Gegensatz zum SDG-Club, der alle 17 SDGs abdeckt – einschließlich der sozialen Ziele, der Menschenrechte, der Bekämpfung von Armut und Hunger – konzentrierte sich die Debatte jedoch weitgehend auf den Klimawandel und die Frage, wie eine junge Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisiert werden kann. Zweifellos ist dies ein wichtiges Thema und vielleicht dasjenige, das Kinder am stärksten anspricht, da es ihre Zukunft direkt betrifft. Eine etwas ältere Jugendliche, Greta Thunberg, wird nicht müde, dies zu wiederholen.

Das enthusiastische Podium, das sich aus mindestens zwei sehr aktiven Umweltschützern (Präsident Boero und Professor Palazzi) zusammensetzte, vermittelte, geleitet von Nawotkas gezielten Fragen, erfolgreich sein hohes Maß an Leidenschaft und Engagement.

An einer Stelle klappte der Verlag Castel-Branco eines seiner schönen Akaria-Bilderbücher auf und erntete dafür Beifall vom Publikum (ein sehr langes Buch, wenn es aufgeklappt ist):

Von links nach rechts: IPA-Präsidentin Ksrine Pansa, Irina Lumelsky (UN-Publikationen), Inès Casteò-Branco (Verlegerin Akiara Books), Elisa Palazzi (Autorin und Professorin für Klimaphysik, Universität Turin), Ferdinando Boero (Präsident Dohrn-Stiftung) | © Foto: Autorin

Über die Kinderbuchmesse im nächsten Jahr

Die 62. Ausgabe der Kinderbuchmesse in Bologna findet vom 31. März bis zum 3. April nächsten Jahres statt, mit Estland als Ehrengast.

Es wird interessant sein zu sehen, ob sich die sich bereits abzeichnenden Trends dieser Buchmesse – mehr und bessere Illustrationen und Graphic Novels – im nächsten Jahr bestätigen werden. Und ob neue Ideen jenseits von Romantasy entstehen.

Es wäre wünschenswert, dass die Verlage das Konzept der Nachhaltigkeit über Umweltbelange und den Kampf gegen den Klimawandel hinaus auf soziale Gerechtigkeit, Gleichheit und mehr und bessere Demokratie ausweiten.

Oder anders ausgedrückt: Unter Verwendung der von Geschäftsleuten und Investoren häufig verwendeten ESG-Begriffe muss die Verlagsbranche über E (Enviromental/ Umwelt) hinausgehen und auch S (Soziales) und G (Governance/ Verwaltung) einbeziehen. Sie muss sich systematisch mit so wichtigen Themen wie Armut, Hunger, Diversität, Respekt für Geschlecht und Ethnie befassen. Kurz gesagt, die Menschenrechte.

Ohne die Achtung der Menschenrechte bei den Kindern zu kultivieren, ist unsere Zukunft düster: Die Menschheit wird nicht in der Lage sein, das notwendige Maß an Zusammenhalt aufzubringen, um den Klimawandel, die ultimative grenzüberschreitende Problematik, zu bewältigen.

Der Originalartikel ist in englischer Sprache im Impakter Magazin erschienen.

Letzte Änderung: 05.06.2024  |  Erstellt am: 04.06.2024

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