Mit Haut und Stengel
E.M.C. Collard widmet sich Pflanzenstudien, erstellt Modelle phantasievoller Organismen und untersucht und kreiert deren Lebensräume. In Zeiten von genveränderten Pflanzen entwickelt sie auf wunderbar spielerische Art und Weise Prototypen einer neuen Generation. Claudia Olbrych stellt das Werk der in Frankfurt lebenden und arbeitenden Künstlerin vor.
Die meist kleinformatige Malereiserie „g.p.t.s.t.s.n.“ („a genealogy of plants that stand in the shade at night“), also „eine Genealogie der Gewächse, die nachts im Schatten stehen“, wurde 2014 begonnen und präsentiert uns Blumenstillleben. Emily Collard (* 1981), bekannt unter dem Künstlernamen E.M.C. Collard, widmet sich Pflanzenstudien, erstellt Modelle phantasievoller Organismen und untersucht und kreiert deren Lebensräume. In Zeiten von genveränderten Pflanzen entwickelt sie auf wunderbar spielerische Art und Weise Prototypen einer neuen Generation. Dabei zeigten die frühen Arbeiten eher emotionale Blumenportraits, meist frontal exponiert vor monochromem Hintergrund, oft mit Gesicht und immer mit viel „Personality“: Die Collardschen Emojis zeigen sich beklemmt, erregt, stolz oder trotzig, manchmal wird auch gelangweilt an einer Zigarette gezogen. Die aktuellen Bilder sind sanfteren Gemütszuständen gewidmet, auf ihnen wächst und wuchert allerlei wildes Gewächs allover. Wie bei ihren Vorgängern, so wurde auch bei den neuen Arbeiten großzügig Farbe verwendet, unter deren oberster Schicht verbergen sich oft viele, teils pastose, weitere Schichten, da die Bildfindung nicht selten parallel an mehreren Werken und über längere Zeiträume bei der Arbeit am Objekt stattfindet und überdies ohne fotografisches Ausgangsmaterial auskommt. Die Farben sind bei den neuen Bildern heller: Die Nachtschattengewächse drängeln sich nun also aus dem Schatten ins Licht und bilden komplexere Landschaften. Zusätzlich wurden einige Bildbereiche mit Lasuren überzogen, die Elemente abgrenzen und den Arbeiten eine neue, collagenhafte Struktur geben. Parallel dazu hat sich eine weitere kleine Serie der seltenen Gewächse entwickelt. Bei „a priori“ handelt es sich um schlichte, detailverliebte Papierarbeiten, bei denen nur Umrisse auf rosa-fleischfarbenen Hintergrund durchs Bild wachsen.
Bei der zweiten großen Werkgruppe kommt auch der Titel der neuesten Ausstellung ins Spiel. „chroma green“ ist sowohl der Name des changierenden Flip-Flop-Pigments, welches E.M.C. Collard in den Arbeiten ihrer seit 2014 bestehenden Serie verwendet, als auch ein Hinweis auf den konzeptuellen Unterbau der Ausstellung im Ganzen: Es geht, der Verwendung des griechischen Wortes chroma im Englischen folgend, um die Veränderlichkeit des Aussehens von farbigem Material unter verschiedenen Lichteinflüssen und damit auch um das genaue Hinschauen und Vertiefen in der meist pflanzlichen oder mineralischen Materie zwischen Tiefe und Körperlichkeit. Die „rainbow skins“ spielen mit Nähe und Distanz, muten mal landschaftlich an wie Luftbilder außerirdischer Wüstengegenden oder verleiten zur Nahansicht der schillernden Oberfläche. Der Lichteinfall beeinflusst jeweils die Sicht auf die Arbeiten, die sich verändert, wenn der Betrachter seinen Standort ändert. Die präzise gearbeiteten Schatten um die bunten Öffnungen in der gemalten Haut kontrastieren mit den dickeren, fast skulpturalen Farbwülsten, die sie umgeben. Der changierende Lack verbindet das Außen mit dem Inneren, die darunter schimmernden, bunten Verfärbungen.
E. M. C. Collard zeigt in der Ausstellung „chroma green“ im Basis Projektraum (Elbestraße 10, Frankfurt am Main) zehn neue Malereien aus zwei Werkgruppen. Die Eröffnung findet am 27. Juni 2018 um 19 Uhr statt, die Ausstellung kann vom 28. Juni bis 4. Juli jeweils von 16 bis 19 Uhr besucht werden. Nach ihrer Ausbildung am Royal College of Art und der Slade School in London waren ihre Arbeiten schon in den Frankfurter Galerien von Martina Detterer und Philipp Pflug zu sehen.
Letzte Änderung: 02.02.2022 | Erstellt am: 25.06.2018
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