SHIVER

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Neue Werke des Bildhauers Felix Kultau in der Galerie von Philipp Pflug

Die Skulpturen von Felix Kultau (geb. 1984 in Hanau, lebt und arbeitet in Berlin) sind materielle wie auch emotionale und nostalgische Collagen. Sie bedienen sich nicht nur eines Material- und Zeichenfundus, sondern ebenso der mit ihnen verknüpften Erfahrungs- und Erinnerungswerte. Kultau arbeitet vorwiegend mit rohen industriellen sowie vorgefundenen Materialien wie Beton, MDF, Leuchtstoffröhren oder Messing, die, selbst wenn sie bearbeitet sind, ihren Objet-trouvé-Charakter nur selten verlieren.

Wer wie Felix Kultau als Kind die Welt durch amerikanische Fernsehfilme erlebt hat, weiß, dass Siegertypen Sportler sind. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Das Manager-Magazin stellt fest, dass Wirtschaftsführer ihr sportliches Pensum ähnlich strukturieren wie das aktuelle Strategieprogramm ihres Unternehmens: “Klare Etappenziele, messbare Zielerreichung. Das passt einfach.”

Eiweiß wird im Sport als Leistungsförderer eingesetzt und oft mit einem skalierten Portionsbecher abgemessen. Felix Kultau macht aus diesen bauchigen Pulvergläsern Lichtobjekte. Als leuchtende Kunstobjekte werden sie zu Energiequellen anderer Art – einer, bei der Messbarkeit keine Rolle spielt. Was braucht es, um gute Kunst zu machen? Die Antwort hatte noch nie etwas mit Quantität, Anzahl der Wiederholungen oder Dauer zu tun.

Effizienz funktioniert in der Kunst anders. Felix Kultau hat einen rituellen Raum installiert, der unsere jeweiligen Vorstellungen von Effizienz, Entspannung und Erlösung anspricht. Kultau hat eine Ablage für Hanteln zu einem architektonischen Element umfunktioniert, auf dem er seine Werke installiert. Der Galerieraum wird so zu einer Art Tempel, der unserer Ära der Selbstoptimierung gewidmet ist – komplett mit Räucherstäbchen, dem Motiv des Kois und der unterwürfigen Phrase “Come Again Soon”. Ein Servierwagen trägt das Wort “Zen”: Auch harte, schlecht bezahlte Dienstleistungsjobs sind mit dem Erleuchtungsimperativ vertraut.

Neben den formalen skulpturalen Aspekten von Fitness- und Servicemöbeln interessiert sich der Künstler für die künstlichen Alterungsprozesse, mit denen Dinge aufgewertet oder aufgewertet werden. Shabby-Chic-Möbel, stone washed Jeans – neue Produkte erhalten eine künstliche Patina, um eine Geschichte zu simulieren, die es nie gegeben hat. Verwaschene blaugraue Töne prägen seine aktuellen Bilder, die auch ein malerisches Zahn-Makeover aufweisen: Der Used-Look für Zähne. Einmal mehr kehrt Felix Kultau lässig die Trends um. Schließlich sind makellose weiße Zähne seit den Anfängen Hollywoods ein Markenzeichen von Siegertypen und auch heute noch in den Vorstandsetagen zu finden.

Felix Kultau: Be the pond, not the fish, 2024 Metall, Acrylglas, Leuchtmittel, 65 x 55 x 10 cm | © Foto: Wolfgang Günzel

Anyone who, like Felix Kultau, experienced the world through American TV films as a child knows that winning types are athletes. And nothing has changed in this respect since. Manager-Magazin states that business leaders structure their sporting workload much as they structure the latest strategy program for their company: “Clear milestones, measurable target achievement. It just fits.”

Protein is used as a boost to performance in sport and is often measured out using a scaled portion cup. Felix Kultau repurposes these bulbous powder jars to create light objects. As glowing art objects they become energy sources of a different order – one in which measurability is irrelevant. What does it take to make good art? The answer has never had anything to do with quantity, number of repetitions, or duration.

Efficiency works differently in art. Felix Kultau has installed a ritual space that addresses our respective beliefs on efficiency, relaxation, and redemption. Kultau has converted a rack for barbells into an architectural element on which he installs his works. The gallery space thus becomes a temple of sorts, dedicated to our era of self-optimization – complete with incense sticks, the motif of the koi and the servile phrase “Come Again Soon”. A serving trolley bears the word “Zen”: Even tough, poorly paid service jobs are familiar with the enlightenment imperative.

In addition to the formal sculptural aspects of fitness and service furniture, the artist is interested in the artificial ageing processes with which things are upgraded or revalued. Shabby chic furniture, stone washed jeans – new products are given an artificial patina to simulate a history that never existed. Washed-out blue-grey tones characterize his current paintings, which also feature a painterly dental makeover: The used look for teeth. Once again, Felix Kultau casually reverses the trends. After all, flawless white teeth have been a hallmark of winning types since the early days of Hollywood and continue to be so in today’s executive boardrooms.

Silke Hohmann

Letzte Änderung: 27.01.2024  |  Erstellt am: 06.01.2024

FELIX KULTAU
SHIVER

DAUER DER AUSSTELLUNG
20. JANUAR – 16. MÄRZ 2024

PHILIPP PFLUG CONTEMPORARY
BERLINER STRASSE 32
60311 FRANKFURT AM MAIN

WWW.PPCONTEMPORARY.COM
WWW.FELIXKULTAU.COM

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