SCHNELL & DRECKIG

SCHNELL & DRECKIG

Künstlerinnen des FRANK* Netzwerks stellen aus

FRANK* ist konzipiert als Netzwerk von Künstlerinnen, die in verschiedener Weise mit der Stadt Frankfurt verbunden sind. Anstatt sich inhaltlich-thematischen Vorgaben zu verpflichten, hat Frank* einen medialen Schwerpunkt: die Malerei. Die Künstlerinnen verbindet ihre jeweils individuelle, vertiefte Auseinandersetzung mit Malerei als Schnittstelle, Reibungspunkt und Grundlage für Austausch. Dabei erstreckt sich die technische Bandbreite von einer eher traditionellen Umsetzung in Öl, Acryl oder Tusche auf Leinwand hin zu Positionen, die Malerei in den Raum erweitern. Eine Ausstellung in drei Akten im Grünen Haus.

In der Ausstellung „schnell & dreckig“ im leerstehenden Bürostockwerk über den Werkstätten von Peter Uhligs bühnenreif und Kollegen im grünen Haus in der Frankfurter Orber Str. 63 kommen neun Künstlerinnen des neugegründeten Malerinnennetzwerks FRANK* im Herbst 2022 das erste Mal zu einer Werkschau zusammen.

Ab 14 Uhr „bis zur Dämmerung“ geht die Ausstellung an den drei hauptsächlich geöffneten Tagen – die Künstlerinnen haben die Ausstellung so geplant, dass das vorhandene natürliche Licht für die Ausstellung genutzt werden kann. Für den Auftakt des neuen Netzwerkes kam der zur Verfügung stehende Raum ohne viel Ausstattung gerade recht und so stellten die 9 teilnehmenden Künstlerinnen eine auf die Räumlichkeiten abgestimmte Werkschau zusammen.

Frank* ist konzipiert als Netzwerk von Künstlerinnen, die sich in ihrer Arbeit mit Malerei auseinandersetzen und die in verschiedener Weise mit der Stadt Frankfurt verbunden sind. Ursprünglich entstand die Idee für FRANK* aus dem Wunsch, das Ausstellungsprojekt :innen malen und die Künstlerinnengruppierung BLOOM mit ihren unterschiedlichen Konzepten für eine gemeinsame Ausstellung zusammenzubringen, woraus sich der Gedanke entwickelte, sich auch langfristig stärker zu vernetzen.

„schnell & dreckig“ kam recht spontan zustande und daher passt es auch, dass der ursprünglich als Arbeitstitel gedachte, etwas flapsige Begriff als Ausstellungstitel beibehalten wurde: so konnte er die Bilderauswahl und Hängung beflügeln und zieht sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Was bedeutet das Begriffspaar, was die beiden Wörter für uns? Ideen von Zeit und deren Verstreichen, schnellen und langsamen Momenten, Sauberkeit und Dreck als veränderliche Begriffe, Anzüglichkeiten, Materialität – das alles und mehr findet man in den Werken wieder.

Teilweise gehen diese situativ auf die Begebenheiten vor Ort ein, wie bei Toni Wombacher, die die Farbpalette der Räumlichkeiten in ihrer Malereiinstallation „Shades of White“ aufgreift. Die Künstlerin hat hier verschiedene Malmedien auf unbehandelter Leinwand ausgetestet: unter anderem Gouache, Lack, Öl und Acryl. In einer weiteren Installation nutzt Wombacher das seitlich einfallende Licht eines Fensters, um ihre kleinformatigen „Icons“ in Gold- und Bronzetönen in Szene zu setzen.

In Installationen eingebettet und an den Raum angepasst sind ebenfalls die Malereien von Julia Roppel und Tatiana Urban – wobei Urban ihre filigranen, fliegenden Pflanzenstrukturen, bei denen man nie sicher ist, ob sie sich gerade auflösen oder neu formieren, teilweise mit schwarzer Farbe direkt auf die Wand malt. Ihre dekonstruierten Naturkompositionen, in denen bekannte Formen zu fremdartigen Gebilden verschmelzen oder in driftende Fragmente zerfallen, zeigen uns eine dynamische Welt, in der ein Malstrom von Farben und Formen mit der subtilen Vernetzung der Elemente in Konflikt zu geraten scheint.

Julia Roppel hingegen tackert ihre Leinwände ohne Rahmen (auch in monumentalen Größen), direkt an die Wand. Ihre Landschaftsbilder, -zeichnungen und -videos handeln von Schnelligkeit, Reise, Bewegung und allem, was inzwischen an romantischen Ideen dabei mitschwingt – die Künstlerin nutzt dabei artifizielle Neonfarben, um die von ihr gewählten „Grenzsituationen“ subtil zu durchleuchten und hinterfragen.

Eva Schwabs figuratives Gemälde mit Wachs, Öl und Tusche auf Nessel ist im Raum aufgehängt, was uns sowohl die Vorder- als auch die Hinterseite der Arbeit betrachten lässt. Die Materialwahl der Künstlerin, die wahlverwandtschaftliche Beziehungen, Alter Egos, kunsthistorische und neurobiologische Zitate, sowie mythologische und zeitgeschichtliche Elemente in ihre Arbeit miteinbezieht, erzeugt hier durchscheinende, leuchtende Farbeffekte. Die zwei weiteren Werke der Malerin, in der Ausstellung klassisch an der Wand installiert, spielen mit einer ähnlichen Materialität.

Sigi Am Thor experimentiert mit Materialien und deren Darstellung in zwei neuen Gemälden und einem Fotoabzug auf Aludibond mit eingesägten Durchsichten. Die Künstlerin arbeitet in ihren Meditationen zu Zeit, Herstellungsprozessen, wiederholten Handlungen und Raum materialfokussiert mit künstlichen und natürlichen Stoffen, wobei ihre Bandbreite u.a. Verpackungschips aus Mais, Steine, Papier und Textilien miteinschließt.

Isabel Friedrich, die den Tenor ihrer gegenständlichen Werke neulich knapp als „Eine Person steht in der Landschaft und hat ein Problem“ beschrieben hat, hat die Ausstellung mit den beiden ebenfalls ausstellenden Künstlerinnen Sarah Schoderer und EMC Collard kuratiert – wobei jede Mitwirkende an der Ausstellung ebenfalls ihre Ideen mit eingebracht und am Ende Vieles gemeinsam erarbeitet wurde.

Friedrichs Arbeiten stellen uns eine Reihe Charaktere vor – unter anderem Astronauten, Menschen mit Luftballons und PEZ-Spender Tierchen, die uns fröhlich von ihren totempfeilerähnlichen Stielen in der Bubblegumwüste entgegenwinken. Auch eine neue Werkserie zeigt die Künstlerin – für sie außergewöhnlich: abstrakt. Friedrich verwendet Groteske und Poesie, und unter anderem auch schon mal die Lockdown-Bastelarbeiten ihres Sohnes, um gesellschaftliche Zustände malerisch zu beleuchten. Dabei nimmt sie selbst eher die heraufschauende und verfremdende Froschperspektive ein.

Die Gegenseite, den Blick hinunter auf das potenziell zu fressende Kleingetier, können wir bei Sarah Schoderer portraitiert sehen: in Form von (Raub-)Vögeln. Schoderer zeigt uns bei „schnell & dreckig“ aktuelle Gemälde von Adlern, Meisen, Tauben – und daneben einen eher ungewöhnlichen Protagonisten im Großformat von 2015: den „gelben Eimer“ in seiner ganzen Glorie. Gekonnt derb portraitiert Schoderer in den Vogelgemälden die „dreckigen“ Grautöne des Federviehs, indem sie es pastös in Öl auf gesprühte, neon-bunte Hintergründe mit tanzenden geometrischen Formen malt.

Neben zwei zart-absurden, surreal-traumhaften kleinformatigen figurativen Gemälden setzt Ekaterina Leo durch eine Auswahl figurativer Zeichnungen in verschiedenen Räumen Akzente und umfasst die Ausstellung so wie eine Klammer. Die zarten Bleistiftzeichnungen auf Aquarell haben auf den 2. Blick einen ziemlichen Punch: neben dem Buchfinken gibt es da seltsame Plastikblüten und die Anweisung „how to kill“.

Im letzten Raum der Ausstellung hängen, neben einem bunten, mittelgroßen Dreiklang von Urban, EMC Collards eher kleinformatige Gemälde von fantastischen Gebilden: Collard arbeitet in manchen von ihnen mit changierendem Flipflop Pigment. Wenn sich hier etwas bewegt, dann eher langsam und feinstofflich: fallende Blütenblätter und kriechende Raupen, Erdbeeren und Kabelsalate gehören zum Repertoire der Künstlerin, ebenso wie der Regenwurm, der als beträchtliches Nutztier dennoch oft als „dreckig“ empfunden wird, hier aber von seiner schmeichelhaftesten Seite seidig glänzend auf kosmisch glitzerndem Boden gezeigt wird.

Ein wichtiges Ziel von FRANK* soll die Realisation verschiedener Ausstellungsprojekte, auch gemeinsam mit geladenen Gastkünstler*innen und -kurator*innen, sein. Dabei sind je nach Themensetzung neben großen Gruppenausstellungen auch ausgewählte Konstellationen von Künstlerinnen aus dem Netzwerk denkbar. Ausstellungskonzepte werden je nach Ausstellungsort und Thema im Dialog erarbeitet: als nächstes stellt das Netzwerk im Museum Gelnhausen aus, eine weitere Ausstellung ist für nächstes Jahr im Hilbertraum Berlin geplant. Es geht darum, sich gegenseitig zu spiegeln, über gemeinsame Besprechungen weiter in den eigenen Arbeitsprozess einzutauchen, die eigene künstlerische Arbeit über die Erfahrung gemeinsamer Projekte weiterzuentwickeln. Und darum, in und um Frankfurt einen kreativen Knotenpunkt zu bilden, der in den kommenden Jahren in verschiedenster Weise Früchte tragen soll.

Im FRANK* Netzwerk vertreten sind die 10 Künstlerinnen E.M.C. Collard, Isabel Friedrich, Ekaterina Leo, Justine Otto, Julia Roppel, Sarah Schoderer, Eva Schwab, Sigi am Thor, Tatiana Urban und Toni Wombacher. Eine spätere Erweiterung des Netzwerkes ist angedacht.

www.emccollard.com
www.isabelfriedrich.com
www.ekaterinaleo.de
www.justineotto.de
www.juliaroppel.com
www.sarahschoderer.com
www.evaschwab.studio
www.sigiamthor.art
www.tatianaurban.de
www.toniwombacher.de

Tatiana Urtban: Pellisante, 2021, Acryl und Tinte auf Leinwand, 65 x 55 cm

Letzte Änderung: 28.09.2022  |  Erstellt am: 16.09.2022

SCHNELL & DRECKIG

Eine Ausstellung in drei Akten mit Arbeiten von:

E.M.C. Collard
Isabel Friedrich
Ekatarina Leo
Julia Roppel
Sarah Schoderer
Eva Schwab
Sigi am Thor
Tatiana Urban
Toni Wombacher

Sonntag
25. September, 2. Oktober und 9. Oktober
Ab 14 Uhr bis Dämmerung

GRÜNES HAUS
Orber Str. 63
60386 Frankfurt am Main

nach Vereinbarung unter
+49 1577 8928207
https://www.frankstern.de/

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