Ruth Wolf-Rehfeldt

Ruth Wolf-Rehfeldt

Hannah-Höch-Preisträgerin im Berliner Kupferstichkabinett
Ruth Wolf-Rehfeldt | © Lutz Wohlrab

Die seit mehr als 70 Jahren in Berlin lebende Künstlerin Ruth Wolf-Rehfeldt (* 1932, Wurzen) wird mit dem Hannah-Höch-Preis 2022 für ihr umfangreiches Œuvre geehrt, das sowohl Gemälde, Zeichnungen und insbesondere von 1972 bis 1989 entstandene Schreibmaschinengrafiken umfasst. Anlässlich der Preisverleihung erhält die Künstlerin eine Einzelausstellung im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin. Wolf-Rehfeldt arbeitet in den Bereichen Visuelle Poesie, Typewriting und Mail Art und nahm 2017 an der "documenta 14" teil.

Wolf-Rehfeldts Typewritings suchen die Nähe zur visuellen und konkreten Poesie, tendieren ins Abstrakte, Konkrete und Architektonische und werden insbesondere in den 1980er-Jahren zu Collagen erweitert. Mit den Grafiken partizipierte Wolf-Rehfeldt aktiv am internationalen Mail-Art-Programm und baute ein umfangreiches Kommunikationsnetz auf, das sich um den gesamten Globus spannte. So erinnert sich die mittlerweile 90-jährige Künstlerin: “Ich hatte den Ehrgeiz, wie eine Spinne im Netz, zu jedem Ort der Erde meine Fäden zu spinnen.”
Mitunter bat Wolf-Rehfeldt die Adressat*innen, die Grafiken künstlerisch zu erweitern und zurückzuschicken, sodass kollaborative Collagen entstanden. Diese hybriden Geflechte verklammern verschiedenste Materialien und Bildwelten, Zeiten und Räume miteinander, und sie legen eine Spur zu Hannah Höchs (1889–1978) dadaistischen Bildmontagen, sodass beide Künstlerinnen über Jahrzehnte und Ländergrenzen hinweg im Geiste verbunden sind.

Wolf-Rehfeldts Schreibmaschinenarbeiten und Collagen, darunter jüngst von der Graphischen Gesellschaft zu Berlin, dem Freundeskreis des Kupferstichkabinetts erworbene Typewritings, werden in der Ausstellung in einen Dialog mit Collagen Hannah Höchs und mit Werken der Konzeptkunst, der Minimal Art, mit zeitgenössischer Schreibmaschinenkunst und Mail Art aus der Sammlung des Kupferstichkabinetts von u. a. Robert Barry, Peter Roehr und Gert und Uwe Tobias gestellt. Die ca. 120 Exponate umfassende Ausstellung fungiert wie ein internationales Netzwerk, in das Wolf-Rehfeldts Arbeiten eingebettet werden, und erweitert damit den Blick auf die Kunst in der DDR.

Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der in Wolf-Rehfeldts Werken verhandelte Beziehung zwischen Mensch und Natur, Natur und Kultur, zwischen Mensch und Mensch und das konkurrierende Verhältnis machtorientierter Kräfte. „Dangerous Balance“ heißt eines ihrer Typewritings, das unter dem Eindruck des Kalten Krieges entstand und den fragilen Zustand des Friedens wenngleich mit minimalen Mitteln, so doch eindrücklich in Wort und Bild fasst. Explizit bekannte sich Wolf-Rehfeldt zur Friedensbewegung.

Obwohl Ihre Typewritings mehr als 30 Jahre alt sind, sind sie hochaktuell und zwar nicht allein hinsichtlich der aktuell angespannten Situation in Europa. Denn Wolf-Rehfeldt befasst sich darin zudem mit dem Wandel der Kommunikationsmedien und ihrer Netzwerke, mit globaler Kommunikation mit und ohne Grenzen und sie stellt die Frage, nach dem Wert von Information – man denke an heutige Debatten um Fake News und Zensur. Es ist diese Aktualität, die neben der bisher ausgebliebenen Ehrung der Künstlerin in ihrer langjährigen Heimatstadt Berlin für die Nominierung zum Hannah-Höch-Preis 2022 sprach – dem Jahr, in dem Ruth Wolf-Rehfeldt ihren 90. Geburtstag feiert.

Ruth Wolf-Rehfeldt: Vergangen Gegenwärtig Zukünftig, Detail, 1975, Typewriting | © Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Dietmar Katz. Ruth Wolf-Rehfeldt und ChertLüdde, Berlin

Der Hannah-Höch-Preis wird seit 1996 von der Kulturverwaltung des Berliner Senats für ein herausragendes künstlerisches Lebenswerk verliehen. Der Preis ist zu Ehren der Künstlerin Hannah Höch benannt, die mit ihrem Werk als Dadaistin internationale Berühmtheit erlangte. Ausgezeichnet werden Künstler*innen mit Lebens- und Arbeitsschwerpunkt in Berlin, die durch eine kontinuierliche künstlerische Leistung hervorstechen. Der Preis umfasst neben einem Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro eine Ausstellung sowie eine Publikation. Die Auswahl der Preisträger*innen erfolgt durch die Förderkommission Bildende Kunst der Kulturverwaltung des Berliner Senats, in der außer dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen auch die Berlinische Galerie, das Georg Kolbe Museum, der Neue Berliner Kunstverein und die Stiftung Stadtmuseum vertreten sind.

Letzte Änderung: 22.12.2022  |  Erstellt am: 22.12.2022

Ruth Wolf-Rehfeldt:
Wie eine Spinne im Netz

Dauer der Ausstellung: bis 5. Februar 2023

Kupferstichkabinett Berlin, Kulturforum
Matthäikirchplatz
10785 Berlin

www.smb.museum/museen-einrichtungen/kupferstichkabinett

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