Papierfrei – mit welchen Folgen für die Umwelt?

Papierfrei – mit welchen Folgen für die Umwelt?

Nachhaltigkeit: Kooperation mit Impakter Magazine
Gerodeter Wald für Papierproduktion | © gryffyn m/Unsplash

In einer zunehmend digitalisierten Welt gerät das Papier, einst zentrales Medium der Literatur und Kultur, unter ökologischen Rechtfertigungsdruck. Der Umstieg auf papierlose Technologien gilt als nachhaltige Lösung – doch welche versteckten Umweltkosten birgt dieser Wandel? Richard Seifman beleuchtet im IMPAKTER Magazine ein Thema, das in der Nachhaltigkeitsdebatte oft übersehen wird: die ökologischen Abwägungen zwischen analoger und digitaler Informationskultur.

Der Rückgang des weltweiten Papierverbrauchs bringt erhebliche Vorteile für die Umwelt sowie für das Teilen und Bereitstellen von Daten und Informationen mit sich. Weniger Nachfrage nach Holz bedeutet geringere Abholzung, und auch der industrielle Wasser- und Energieverbrauch, der mit der Papierherstellung, dem Transport und der Verteilung einhergeht, nimmt ab.

Die Kehrseite dieser Entwicklung ist jedoch, dass die ökologischen Kosten der digitalen Informationsspeicherung und -übermittlung erheblich und vielschichtig sind – mit sowohl direkten als auch indirekten Auswirkungen.

Direkte Umweltauswirkungen

Im Zentrum dieses Zielkonflikts steht die riesige Infrastruktur, die die digitale Wirtschaft trägt. Zur Veranschaulichung: Rechenzentren – essenziell für Cloud-Speicherung, Streaming und KI – zählen inzwischen zu den weltweit größten Stromverbrauchern.

Viele dieser bestehenden Einrichtungen sind nach wie vor auf fossile Brennstoffe angewiesen, was zu CO₂-Emissionen und Luftverschmutzung beiträgt. Ihre Kühlsysteme benötigen große Mengen Wasser, was die Verfügbarkeit für den lokalen Bedarf einschränkt. Auch die Herstellung der nötigen Hardware verursacht Emissionen. Da der Datenbedarf – insbesondere im globalen Norden – voraussichtlich stark ansteigen wird, ist mit einem weiteren Anstieg dieser Umweltauswirkungen zu rechnen.

Indirekte Umweltauswirkungen

Neben Strom- und Wasserverbrauch bringt der Lebenszyklus elektronischer Endgeräte eine zweite Welle von Umweltbelastungen mit sich. Häufige Hardware-Upgrades, bedingt durch ständig weiterentwickelte Softwareanforderungen und verkürzte Produktlebenszyklen, führen zu wachsenden Bergen von Elektroschrott. Wenn Altgeräte wie Laptops, Tablets und Handys nicht sachgerecht entsorgt werden, können sie giftige Stoffe in Böden und Grundwasser freisetzen.

Auch die Herstellung neuer Geräte ist ressourcenintensiv. Sie erfordert große Mengen an seltenen Erden, deren Abbau und Verarbeitung wiederum enorme Energiemengen beanspruchen und häufig Umweltschäden verursachen.

Positiv ist jedoch, dass es bereits Initiativen gibt, um diesen direkten und indirekten Auswirkungen entgegenzuwirken – etwa durch den Umstieg auf erneuerbare Energien oder deren Finanzierung, Effizienzsteigerungen, den Bau umweltfreundlicherer Rechenzentren sowie Maßnahmen gegen Elektroschrott.

Veränderte Gewohnheiten und der digitale Wandel

Auf individueller Ebene haben digitale Werkzeuge grundlegend verändert, wie Menschen Informationen konsumieren. In Europa sank die tägliche Leserschaft gedruckter Zeitungen und Magazine von 37 Prozent im Jahr 2012 auf nur noch 21 Prozent im Jahr 2022. In den USA ging laut Pew Research Center der Pro-Kopf-Verbrauch von Papier zwischen 2000 und 2018 um rund 31 % zurück.

Dieser Wandel hat auch zahlreiche Sektoren erfasst. Technologien wie digitale Signaturen, elektronische Rechnungsstellung und papierlose Ablagesysteme helfen Organisationen, ihren Papierverbrauch zu minimieren. Banken beispielsweise ersetzen persönliche Termine durch Apps und elektronische Signaturen, Einzelhändler geben digitale Kassenbons aus und nutzen QR-Codes zur Vereinfachung des Bezahlvorgangs – was sowohl für Unternehmen als auch für Kund:innen enorme Vorteile und Komfort mit sich bringt.

Quantitative Auswirkungen

er Papierverbrauch ist in vielen Regionen rückläufig. Laut dem Global Forest Resources Assessment 2020 erreichte der weltweite Papierverbrauch 2017 seinen Höhepunkt und ist seither gesunken. In den USA etwa fiel der Papierverbrauch von 2005 bis 2019 um 27 %. US-Unternehmen verbrauchten 2019 rund 12,1 Millionen Tonnen Büropapier, verglichen mit 16,1 Millionen Tonnen im Jahr 2005.

Mit Vorbehalten: Der geringere Papierverbrauch hat viele Vorteile

Da immer mehr Organisationen und Einzelpersonen digitale Lösungen übernehmen, dürfte dieser Rückgang des Papierverbrauchs auch künftig rasant voranschreiten. Ob im privaten oder geschäftlichen Bereich, im Supermarkt oder in der Apotheke, im Kino, beim Einsteigen ins Flugzeug, an Mautstationen oder bei der Steuererklärung – in unzähligen Alltagssituationen wird Papier zunehmend überflüssig. Und zweifellos werden neue technologische Entwicklungen diesen „Wandel“ weiter beschleunigen.

Doch so positiv dieser Wandel für Volkswirtschaften und viele Menschen auch sein mag, für die Umwelt ist er eher ein Mahnruf. Das muss allerdings nicht so bleiben – vorausgesetzt, den steigenden Energie- und Wasserbedarfen, den Auswirkungen des Abbaus seltener Erden und der Entsorgung von Hardware-Abfällen wird ausreichend Beachtung geschenkt.

Aus dem Englischen von Liam Grunsky

Letzte Änderung: 28.07.2025  |  Erstellt am: 21.07.2025

Den Originalartikel von IMPAKTER Magazine finden Sie hier.

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