Tausenden von amerikanischen Krankenhäusern droht die Schließung aufgrund extremer Wetterereignisse. Fachleute meinen, es ist Zeit sich anzupassen.
Im August 2023 lief dem Krankenhauspersonal an der Golfküste Floridas die Zeit davon. Krankenhausverwaltung und -mitarbeitende mussten entscheiden, wie sie sich, die Patienten und ihre Einrichtung auf den Kategorie 4-Hurrikan Idalia vorbereiten sollten, der sich der Küste näherte.
Angesichts einer Sturmflut von bis zu drei Metern Höhe, die die Straßen und die unteren Stockwerke der Krankenhäuser überschwemmen könnte, wurden vier Krankenhäuser und acht freistehende Notaufnahmen im Großraum Tampa Bay geschlossen. Personen, die sich währenddessen in Behandlung befanden, wurden von den Krankenhäusern in sicherere Gebiete transportiert.
Innerhalb eines Monats sahen sich die Verantwortlichen für die Gesundheitsversorgung in zwei anderen US-Großstädten mit ähnlichen Problemen konfrontiert. An der Westküste führten ungewöhnlich starke Regenfälle dazu, dass ein Krankenhaus in Los Angeles nicht mehr mit Strom versorgt werden konnte, während in New York ähnliche Wetterverhältnisse einen Stromausfall und elektrische Schäden in einem Krankenhaus in Brooklyn verursachten – beides führte jeweils zu Notevakuierungen.
Die jüngsten Krankenhausschließungen in den Vereinigten Staaten sind hierbei nur ein Beispiel für ein größeres weltweites Phänomen, das bereits länger zu beobachten ist. Laut einem im Dezember 2023 veröffentlichten Bericht von XDI (Cross Dependency Initiative), einem australischen Forschungsinstitut, das Daten zu Klimarisiken zusammenstellt, hat der vom Menschen verursachte Klimawandel das Schadensrisiko für Krankenhäuser zwischen 1990 und 2020 um 41 % erhöht.
Tausende Gesundheitseinrichtungen auf der ganzen Welt leiden unter den Auswirkungen des Klimawandels. Fachleute sagen voraus, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahrzehnten noch verstärken wird, da extreme Wetterbedingungen den Druck auf die Krankenhausinfrastruktur erhöhen und gleichzeitig eine größere Nachfrage nach Pflegeleistungen nach sich ziehen.
Fachleute warnen
In einem Bericht von Mai 2024 schätzt der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, dass sich fast 1.500 Krankenhäuser, die sich in niedrig gelegenen Küstengebieten Lateinamerikas und der Karibik befinden, bereits jetzt lebensbedrohlichen Stürmen und Überschwemmungen ausgesetzt sind. Dazu zählen mehr als 80 % der Krankenhäuser in Aruba, auf den Bahamas, den Kaimaninseln, in Guyana und Surinam.
Hunderte weitere Krankenhäuser in den USA sind laut einer Studie von Harvard-Forschenden aus dem Jahr 2022 von Überschwemmungen bedroht. Entlang der Atlantik- und Golfküste waren Krankenhäuser in Delaware, Florida, Louisiana, New Hampshire, Massachusetts, Maryland, New Jersey, New York und Pennsylvania am stärksten von Überschwemmungen durch einen Hurrikan der Kategorie 2 bedroht.
Auf der anderen Seite des Globus führten Überschwemmungen und Erdrutsche im Jahr 2023 zur Schließung von 12 Gesundheitseinrichtungen in fünf Provinzen im Süden Thailands. Im Jahr davor beeinträchtigten die verheerenden Überschwemmungen in Pakistan die Arbeit von mindestens 1.460 Gesundheitseinrichtungen, was etwa 10 % der Gesamtzahl des Landes entspricht.
In Anbetracht des Klimarisikos für rund 200.000 Krankenhäuser durch Überschwemmungen, Brände und Wirbelstürme schätzten die XDI-Forscher, dass bis zum Ende dieses Jahrhunderts eines von zwölf Krankenhäusern weltweit von einer vollständigen oder zumindest teilweisen Schließung aufgrund extremer Wetterbedingungen bedroht sei.
Dabei sind einige Regionen stärker gefährdet als andere. Der Bericht schätzt, dass allein in Südasien – ein Gebiet, zu dem auch Indien, das bevölkerungsreichste Land der Welt, gehört – mehr als 5.800 Krankenhäuser bei einer globalen Erwärmung von 4,3 °C von einer Schließung bedroht wären.
Aber auch andere Regionen sind betroffen. Mehr als die Hälfte der Krankenhäuser in der Zentralafrikanischen Republik und mehr als ein Viertel der Krankenhäuser auf den Philippinen und in Nepal würden das gleiche Schicksal ereilen.
Extreme Hitze verstärkt Notwendigkeit einer Lösung
Der Sommer 2023 war der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Sengende Temperaturen hatten tödliche Hitzewellen und Waldbrände zur Folge, die Wälder und umliegende Städte verwüsteten – alles mit potenziellen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und somit auch auf die Krankenhäuser und Kliniken, in denen die Menschen behandelt werden.
„Die nördliche Hemisphäre hatte gerade einen Sommer der Extreme – mit wiederholten Hitzewellen, die verheerende Waldbrände auslösten, der Gesundheit zusetzten, das tägliche Leben beeinträchtigten und die Umwelt nachhaltig schädigten“, fasste der Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie, Petteri Taalas, damals in einer Erklärung zusammen.
In diesem Sommer kam es beispielsweise in Arizona zu extremer Hitze, die die Stromnetze angriff und einen Ansturm auf medizinische Einrichtungen wie Krankenhäuser bewirkte, da wegen der Hitzebelastung medizinische Hilfe benötigt wurde.
Eine Studie aus dem Jahr 2021 ergab, dass die Zahl der hitzebedingten Notfallaufnahmen in Taiwan an Tagen mit einer Kühlgrenztemperatur (berücksichtigt sowohl die Hitze als auch die Luftfeuchtigkeit) von mindestens 32 °C um 50 % anstieg. Bei dieser Temperatur ist es für die Menschen schwieriger, zu schwitzen und sich dadurch abzukühlen, da die übermäßige Hitze mit hoher Luftfeuchtigkeit kombiniert ist.
Blick auf kommende Krisen
In den kommenden Jahrzehnten wird die Infrastruktur des Gesundheitswesens durch die Folgen extremer Wetterbedingungen und des Temperaturanstiegs – Stromausfälle, Krankenhausschließungen und Gebäudeschäden – zunehmend belastet werden.
Gleichzeitig könnte die Nachfrage nach Pflegeleistungen steigen. Es wird erwartet, dass der Klimawandel in den nächsten 25 Jahren mehr als die Hälfte der bekannten humanpathogenen Krankheiten verschlimmern wird, indem er das Spektrum der Pilzinfektionen erweitert und das Risiko von Viren und durch Mücken übertragbaren Krankheiten erhöht. In der Zwischenzeit wird extreme Hitze wahrscheinlich dazu führen, dass immer mehr Menschen in Krankenhäuser eingeliefert werden müssen.
Es mag zunächst beängstigend wirken, die Arbeitsweise von Krankenhäusern grundlegend zu ändern, aber die Einrichtungen können bei ihren Anpassungen klein anfangen und so individuelle Maßnahmen für ihre Bedürfnisse entwickeln.
Ein Beispiel für diese kleinen aber effektiven Änderungen findet sich in Vietnam. Etwa die Hälfte aller Krankenhäuser in diesem Land verfügt nicht über eine zuverlässige Wasserquelle, sei es aufgrund von Dürren, Überschwemmungen oder langsamem Einsickern von Salzwasser. Die Folge: Die PatientInnen müssen oft ihr eigenes Wasser mitbringen. Angesichts dieses großen Hindernisses für die Versorgung haben drei ländliche Krankenhäuser in Vietnam Projekte zur Verbesserung der Klimaresilienz in Angriff genommen, indem sie sich mit der Wasserverfügbarkeit befassen. Die Einrichtungen fanden jeweils Wege, um mehr Wasser zu erhalten, indem sie Lösungen wie Regenwasserauffang- und -speichersysteme, Salzfiltration und eine bessere Infrastruktur zum Sammeln nahegelegener Wasserläufe schufen.
„Leider ist damit zu rechnen, dass der Klimawandel die Wasserversorgung von Gesundheitseinrichtungen in ganz Vietnam zunehmend bedroht. Deshalb ist es wichtig, schnell Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln“, so Angela Pratt, WHO-Vertreterin in Vietnam, in einer Pressemitteilung.
Da die Auswirkungen des Klimawandels die Gesundheitssysteme immer größer werdenden Risiken aussetzen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Führungsteams der Krankenhäuser weltweit mit der Ausarbeitung von Plänen zur Klimaresilienz in Bezug auf die Infrastruktur und das Personal beginnen, um die Gesundheitsversorgung auf unserem sich verändernden Planeten zu sichern.
Yale Climate Connections
Yale Climate Connections ist ein überparteilicher Multimediadienst, der täglich Radioprogramme sendet und im Internet eigene Berichte, Kommentare und Analysen zum Thema Klimawandel liefert, eines der größten Herausforderungen für unsere moderne Gesellschaft. Der Multimediadienst will sowohl Bürgern als auch Institutionen helfen zu verstehen, wie sich der Klimawandel bereits heute auf unser Leben auswirkt. Dabei soll Einzelpersonen wie Akademikern und Künstlern und Organisationen wie Unternehmen, Medien, Nichtregierungsorganisationen und Regierungsbehörden und vielen weiteren dabei geholfen werden, voneinander zu lernen, welche konstruktiven Lösungsstrategien bereits jetzt erfolgreich umgesetzt werden können, um klimabedingte Risiken und verschwenderische Energiepraktiken zu reduzieren.
Letzte Änderung: 15.01.2025 | Erstellt am: 15.01.2025
Kommentare
Es wurde noch kein Kommentar eingetragen.