Die Welt lässt Mädchen im Stich – wir müssen die Spielregeln ändern

Die Welt lässt Mädchen im Stich – wir müssen die Spielregeln ändern

Nachhaltigkeit: Kooperation mit Impakter Magazine
Schülerin die von Malala Fund unterstütz wird | © Malala Fund

Der folgende Beitrag stammt von Lena Alfi, CEO des Malala Fund. Mit über zwanzig Jahren Erfahrung in internationaler Entwicklungszusammenarbeit, Bildungsförderung und Geschlechtergerechtigkeit setzt sie sich für systemischen Wandel ein – mit dem Ziel, globale Finanzierungssysteme so umzugestalten, dass sie Mädchen und Gemeinschaften echte Entscheidungsmacht geben. Unter ihrer Leitung hat der Malala Fund kürzlich eine 50-Millionen-Dollar-Strategie zur Förderung der Mädchenbildung gestartet, mit besonderem Fokus auf Regionen, in denen Schulbildung für Mädchen am schwersten zugänglich ist: Afghanistan, Pakistan, Nigeria, Äthiopien, Tansania und Brasilien.

Im Jahr 2025 geraten die Systeme, die Mädchen eigentlich schützen sollen, ins Wanken. Globale Hilfen ziehen sich zurück. Geschlechterrechte werden zurückgerollt. Und das einst weltweit angestrebte Versprechen auf zwölf Jahre Schulbildung für jedes Mädchen droht, zu einem vergessenen Ziel zu werden.

In den letzten zehn Jahren hat der Malala Fund Mädchen dabei unterstützt, trotz Krieg, Vertreibung, Pandemien und politischer Unruhen in der Schule zu bleiben. Doch in einer zerrissenen Welt reicht es nicht mehr, nur den Status quo zu bewahren.

Um die Zukunft der Bildung für Mädchen zu sichern, müssen wir jene Systeme verändern, die sie nie wirklich eingeschlossen haben – durch Umsetzung bestehender und Entwicklung neuer politischer Maßnahmen.

Deshalb zielt unsere neue Strategie nicht auf kurzfristige Erholung, sondern auf langfristige Widerstandsfähigkeit. Wir bewegen uns weg von Übergangslösungen hin zu strukturellen Reformen – weg von der Unterstützung einzelner Mädchen heute hin zur Absicherung ihrer Rechte für künftige Generationen.

So schützen wir nicht nur die Gegenwart von Mädchen, sondern auch ihre Zukunft:

1. Wir setzen auf Gesetze – denn sie wirken langfristig.

In den kommenden fünf Jahren wollen wir zu 20 bedeutenden politischen Reformen beitragen, die das Recht auf weiterführende Bildung für Mädchen stärken. Unsere Strategie verbindet gemeinnützige Investitionen mit mutigen politischen Veränderungen, um Mädchenrechte dauerhaft zu sichern. Deshalb konzentrieren wir uns auf Reformen, die jedem Mädchen nicht nur dieses Jahr, sondern Jahr für Jahr faire Bildungschancen eröffnen.

In Nigeria unterstützen wir Gesetzesinitiativen zum Schutz junger Mütter bei der Rückkehr in die Schule und zur Beendigung von Kinderehen. In Pakistan helfen wir dabei, staatliche Bildungsetats freizusetzen, um Millionen weiterer Mädchen zu erreichen – vor allem in ländlichen Regionen. Das sind langfristige Veränderungen, keine kurzfristigen Maßnahmen.

2. Wir finanzieren Bewegungen, die länger bestehen als wir selbst.

Unsere Fördermittel stammen von Geldgeber:innen, die ebenso wie wir glauben, dass dauerhafter Wandel unabhängige Finanzierung und mutiges, werteorientiertes Handeln erfordert.

Über unser „Education Champion Network“ vergeben wir Fördergelder in Höhe von 50 Millionen US-Dollar – davon 40 bis 45 Millionen an zivilgesellschaftliche Organisationen in mindestens fünf Ländern. 20 % dieser Mittel gehen direkt an Gruppen, die von Mädchen und jungen Frauen geleitet werden – denn sie kämpfen nicht nur für Bildung, sie gestalten sie, entgegen aller Widerstände.

3. Wir bekämpfen die Ursachen – nicht nur die Symptome.

122 Millionen Mädchen sind weiterhin ohne Schulbildung. Nicht, weil es ihnen an Motivation fehlt, sondern weil die Systeme um sie herum auf Ausschluss ausgerichtet sind.

Deshalb unterstützen wir Kampagnen, die geschlechtsspezifische Apartheid als internationales Verbrechen verankern wollen – denn was in Afghanistan geschieht, ist keine regionale Ausnahme, sondern ein globales Warnsignal. Außerdem setzen wir uns für Schuldenreformen ein, die 32 Milliarden US-Dollar an neuen Bildungsgeldern freisetzen könnten – damit Regierungen die Mittel erhalten, um politische Maßnahmen in die Realität umzusetzen.

4. Wir stärken die Widerstandsfähigkeit gegenüber der nächsten Krise – nicht nur der aktuellen.

Ob Krieg, Klimakatastrophe oder politischer Zusammenbruch – die nächste Krise ist nie weit entfernt. Deshalb vergeben wir schnelle, gezielte Förderungen an Organisationen an vorderster Front – in Gaza, im Libanon, in Afghanistan und darüber hinaus –, um Mädchen beim Lernen zu unterstützen, wenn Schulen geschlossen sind und Systeme versagen.

Wir führen keine eigenen Programme durch, sondern unterstützen jene, die es tun – insbesondere Organisationen, die alternative oder digitale Bildungsangebote für Mädchen bereitstellen, die vom Schulbesuch ausgeschlossen sind. Unsere Mission ist es, das Recht der Mädchen auf Bildung auch in den schwierigsten Zeiten zu schützen.

5. Wir skalieren unsere Wirkung dort, wo Mädchen den größten Hürden begegnen.

Wir wissen, wo unsere Strategie am meisten bewirken kann. Unsere Arbeit soll Bedingungen schaffen, unter denen bis zu 34 Millionen jugendliche Mädchen – in den am stärksten betroffenen Regionen – Zugang zu Bildung erhalten, ihre Ausbildung abschließen und ihre Zukunft selbst gestalten können.

Eine Strategie bleibt ein Stück Papier – bis sie sich in der Realität bewährt. Deshalb entwickeln wir ein solides System zur Überwachung, Bewertung und Lernfortschrittsanalyse. Es wird uns helfen, unseren Fortschritt zu verfolgen, Lücken frühzeitig zu erkennen und schnell gegenzusteuern, wenn sich der Kontext – wie so oft – verändert.

In Zeiten tiefgreifender Instabilität ist solche Disziplin nicht nur hilfreich – sie ist essenziell. Denn wenn wir die Zukunft der Bildung für Mädchen sichern wollen, müssen wir mutig bleiben und ehrlich benennen, was funktioniert, was nicht – und was Mädchen als Nächstes wirklich brauchen.

Fortschritt, der nur auf gutem Willen basiert, ist zerbrechlich. Doch Fortschritt, der im Gesetz verankert, im Haushalt abgesichert und von den direkt Betroffenen getragen wird – das ist der Fortschritt, der bleibt. Daran arbeiten wir. So verändern wir die Spielregeln.

Aus dem Englischen von Liam Grunsky

Mädchen in einem Klassenzimmer in Kaduna, Nigerien | © Foto: Malala Fund

Letzte Änderung: 21.07.2025  |  Erstellt am: 21.07.2025

Den Originalartikel von IMPAKTER Magazine finden Sie hier.

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