Limousine schimmernd und reglos

Limousine schimmernd und reglos

Der Kennedy-Mord vor 60 Jahren
Die Kennedys in Dallas | © wikimedia commons

Wir haben die Fernsehbilder so oft sehen müssen, dass es uns erstaunt, gar nicht dabei gewesen zu sein. Am 22. November 1963, 12.30 Uhr, in Dallas, Texas, der 35. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, John F. Kennedy, von ‎Lee Harvey Oswald erschossen. Der ganze Vorgang, der die westliche Welt erschütterte und die intransparente Täterermittlung ermöglichten Verschwörungstheorien sowie eine enorme mediale Verwertung. Johannes Winter erinnert an das Attentat.

An jenem Abend war die Familie im Wohnzimmer versammelt, vor dem ausladenden Radiogerät mit dem blitzenden grünen Auge. Gebannt folgten wir den Sondersendungen des HR, dazwischen die Nachrichten, von einer sonoren Männerstimme vorgetragen. Der Tod des Politikers im fernen Amerika hinterließ bei den Adenauer-treuen Eltern besorgtes Schweigen.
Es war der 22. November 1963, der Tag, an dem John F. Kennedy, (35.) US-Präsident für etwas mehr als 1000 Tage, in Dallas/Texas von Lee Harvey Oswald erschossen wurde, einem 24-Jährigen, der nach dem Ende seiner Dienstzeit bei der US-Army zeitweise in der Sowjetunion gelebt und Sympathien für Castros Kuba hatte. Oswald wurde seinerseits zwei Tage nach dem Attentat bei einer Vorführung durch die Polizei von Nachtclub-Besitzer Jack Ruby erschossen.

Das gewaltsame Ende Kennedys, des liberalen Politikers mit dem Spitznamen „JFK“ und dem Image des charmanten Verführers, der seine Krankheiten so sorgfältig wie erfolgreich verbarg, korrespondierte nicht nur zu dessen bewegtem Leben, sondern galt auch als Höhe- und Endpunkt einer Regierungszeit, die in extremer Dichte Ereignisse des Kalten Krieges prägten.
Stichworte: Invasion von Exilkubanern, vom CIA unterstützt, gegen das Castro-Regime (Schweinebucht 1961), Kuba-Krise wegen der Stationierung russischer Atom-Raketen (1962), Bau der Berliner Mauer (1961), Eskalation des Vietnam-Krieges. Nicht zu vergessen Kennedys Entspannungspolitik zwischen Ost und West.
Naheliegend, daß Leben und (letztlich nicht aufgeklärter) Tod des Sohnes aus reichem Haus zum Stoff für Phantasien, ja zum Spektakel wurden. Historiker sprechen vom Kennedy-Mythos. Hollywood-Regisseure wie David Miller, Henri Verneuil oder Oliver Stone produzierten Blockbuster. Pop-Musiker wie die Rolling Stones (Sympathy for the Devil), Lou Reed (The Day John Kennedy Died) oder Bob Dylan (Murder Most Foul) fanden Motive für ihre Nummern, eine Band tourte unter dem Namen „Dead Kennedys“. Schriftsteller wie Don de Lillo, Norman Mailer oder Stephen King schrieben Romane, denen der Markterfolg sicher war. –
Don De Lillo hat mit „7 Sekunden“ („Libra“ lautet der Titel des Originals von 1988) einen Thriller verfaßt, der zum Bestseller wurde, ein Intrigenspiel zwischen Fiktion und Wirklichkeit um die Frage, ob dem Attentat Einzeltäterschaft oder Verschwörung zugrunde lag bzw. liegt. Ein Auszug:

„Lee Harvey Oswald lag wach in seiner Zelle. Allmählich wurde ihm klar, daß er seine Lebensarbeit gefunden hatte. Nach dem Verbrechen kommt die Rekonstruktion. Er wird Beweggründe zu analysieren haben, die ergiebige Frage nach Wahrheit und Schuld. Zeit, über alles nachzudenken, Zeit, diese Geschichte in Gedanken zu drehen und zu wenden.
Dieses Verbrechen liefert offensichtlich Material zu tiefer Deutung. Er wird in der Lage sein, das Licht dieses einen vergrößerten Augenblicks festzuhalten, die Schatten auf dem Rasen fixiert, die Limousine schimmernd und reglos. Zeit, in Selbsterkenntnis zu wachsen, die Bedeutung dessen zu ergründen, was er getan hat. Er wird die Tat hundertmal variieren, sie beschleunigen und verlangsamen, die Gewichte verschieben, Schattierungen finden, zuschauen, wie sich sein ganzes Leben verändert. Dies war der wahre Anfang.
Sie werden ihm Schreibmaterial und Bücher geben. Er wird seine Zelle mit Büchern über den Fall füllen. Er wird Zeit haben, sich im Strafrecht weiterzubilden, in Ballistik, Akustik, Fotografie. Alles, was den Fall betrifft, wird er untersuchen und sich zu eigen machen. Leute werden zu ihm kommen, zuerst die Anwälte, dann Psychologen, Historiker, Biographen. Sein Leben hatte jetzt ein einziges, klar umrissenes Thema, und das hieß Lee Harvey Oswald.

Er und Kennedy waren Partner. Die Gestalt des Schützen im Fenster war unlöslich mit dem Opfer und seiner Geschichte verbunden. Das stärkte Oswald in seiner Zelle. Es gab ihm, was er zum Leben brauchte.
Je mehr Zeit er in einer Zelle verbrachte, desto stärker würde er werden. Jedermann wußte nun, wer er war. Das verlieh ihm Kraft. Für ihn begann eindeutig eine neue, bessere Zeit, eine Zeit der gründlichen Lektüre all dessen, was mit dem Fall zu tun hatte, eine Zeit der Selbstanalyse und Rekonstruktion. Er sah die Haft nicht mehr als lebenslangen Fluch an. Er hatte die Wahrheit über einen Raum herausgefunden. Er konnte leicht in einer halb so großen Zelle leben.“

Letzte Änderung: 20.11.2023  |  Erstellt am: 20.11.2023

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Kommentare

Joachim Petrick schreibt
korrigiert 23.11.2023, 21.38 Don De Lillo Intrigenspielfilm Drehbuchauszug 1988 beschreibt plastisch indirekt, warum Lee Harvey Oswald nach Attentat auf 35. US Präsidenten JFK (46) am 22.11.1963 in Dallas/Texas durch Barbesitzer Jack Ruby auf offener Szene erschösenn werden musste, die Einzeltäterschaft zu untermauern, die Hintermänner,Regisseure aus CIA; FBI Attentats vor Nachforschungen geschützt bis heute unter Aktenverchluss im Dunklen verschwinden zu lassen, zu denen nach Oliver Stones JFK Film „Tatort Dallas“ 1991 Lesart u. a. Vize Präsident Lyndon B. Johnson vormals Senator in Texas, Nachfolger ermordeten JFK im Amt, der nach Radioansage 24.11.1963 wie erleichter ins Oval Office stürzt, ruft, Lee Harvey Oswald sei ermordet durch Jack Rubi, dazu Geheimdienst CIA Chef John Foster Dulles verstrickt sind, Dulles war nach JFK Präsidenten Inaugurationsrede 20.1961, in der JFK hervorhob, er sei für Kolonialismus, Rasseteilung in der Welt egal wo nichtzu haben, er setze auf Entspannung, Deeskaltion, atomare, konventionelle Rüstungskontroll-, Abrüstungsvereinbarungen mit den Ostblockstaaten, als kalter Krieger voller Hass gegen JFK, zumal mit Blick auf bisher unkonditionierte Pfründe militärisch-industriellen US Rüstungskomplex, die Dulles durch JFK in Gefahr sah, er zurecht fürchteteJFK würde bestmmten CIA Geheimunternehmen am Kongress vorbei Zustimmung verweigern, z. B. für das amerikanisch-belgisch-brit. Geheimdienst Joint Venture im Kongo, weshalb Dulles noch vor JFKs Amtsantriit 20.1. am 17.1.1961 das CIA Okay gab, den ersten freigewählten Ministerpräsident Demokratischer Republik Kongo inzwischen von Söldnern inhaftierten Partrice Lumumba zu erschießen, seine Leiche unauffindbar verschwinden zu lassen, denn es ging im Kongo um privilgiertenZugang zu Rohstoffen, Natururan der USA, England, Belgien für Atombombenbau, wie ihn sich Frankreich nach 1945 postkolonial in Bukina Faso, Mali, Niger mit seinem CFA Franc Währungssystem in der Sahelzone wieder verschafft hatte, während Lumumba das geforderte Zugang Ausmaß verweigerte. UN Genealsekretär Dag Hammarskjöld (1905-1961) bat JFK nach dessen Wahl zum Präsidenten November 1960, zwischen Konfliktparteien im Kongo zu vermitteln, ohne UN Generalversammlung noch UN Sicherheitsrat einzubeziehen. Vielleicht für CIA u. a.ein Schritt zuviel Selbstbewusstsein im Auftritt Dag Hammarskjöld, der zu bis heute ungeklärtem Absturz seines Flugzeuges beim Anflug auf Kinshasa Kongo 18.9.1961 und zu seinem Tod geführt habne könnte. JFK soll lt. Stone Leart eine Hand vorm Gesicht gewent haben als er von Lumimbas Ermordung 17.1. 1961 erfuhr. Dass JFK von seinem Vorgänger Republikaner Vier Sterne General Dwighty Eisenhower im Amt genehmigtes Schweinebucht CIA Unternehmen gegen das Fidel Castro Regime Kubas nur eingeschränkt übernehmen wollte, nämlich nur finanzielle Hilfe für Exil Kubaner Söldner in Florida für Waffenkäufe ohne Begleitschutz der US Air Force,noch US Marines, internationale Konfliktausweitung zu vermeiden, was zum CIA Scweinebucht Desaster führt, das Dulles JFK ankreidete, der ihm in Gespräch in Anwesenheit seines Bruders US Justizminister Robert Kennedy versicherte, es komme der Tag, da werde er ihn John Foster Dulles aus dem CIA Amt zum Teufel jagen Dass JFKs Vizepräsident Johnson JFKs Dekret terminiert ab September 1963 nicht einverstanden war, damit zu beginnen alle in Vietnam stationierten 1. 600 US GIs Coming Home zu schicken, weil JFK Amerikanern Schicksal der Franzosen ersparen wollte, die zehn Jahre zuvor durch Ho Chi Minh Truppen besiegt nahezu ganz aus Vietnam vertrieben worden wären, was JFK damals als Berichterstatter in Vietnam erlebte, wenn die USA Frankreich nicht finanziell, logistisch, militärisch durch die US Air Force, Navy zur Hilfe gekommen wären. Denn kaum war JFK beerdigt, änderte Johnson nach Olier Doku Film Lesart JFKs Dekret durch handschriftlichen Federstrich um in Eskalation, Entsendung von US Gis statt Abzug, US Navy Kanonenboot vor Vietnams Küste statt Deeskalation. Damit war Startschuss ausgelöst zum Apokalypse Now Verhängnis der US und Verbündeter im völkerrechtswidrigen US Vietanmkrieg und blockübergreifend internationalen Mobilisierung von Massen Anti-Vietnamskriegskampagnen. Dass Johnson JFKs US Verteidgungsminister Robert McNamara, vormals Ford Manager, der nun seiner war, in seinem Sinne umzustimmen vermochte, bedauerte McNamar später als Weltbankpräsident, das sei politisch sein größter Fehler gewesen

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