2025: Für das Wort und die Freiheit – in unruhigen Zeiten

2025: Für das Wort und die Freiheit – in unruhigen Zeiten

EDITORIAL
Feuerwerk | © User: Ondrejk via Wikimedia Commons

Es ist gerade in diesen Zeiten die Kultur – und insbesondere die Literatur –, die Hoffnung und Reflexion ermöglicht. Deshalb lassen Sie uns trotz der schwierigen Weltlage 2025 mit Entschlossenheit und Zuversicht beginnen.

Liebe Leserinnen und Leser,

das Jahr 2024 hat uns auf schmerzhafte Weise gezeigt, wie tief die Gräben in unserer globalisierten Welt mittlerweile sind. Politische Umwälzungen, ungelöste Konflikte und die stetig voranschreitende Klimakrise haben das Jahr geprägt – und mit ihnen eine Welt, die in Fragmente zu zerfallen scheint.

Die Wiederwahl von Donald Trump hat die Spaltungen innerhalb der amerikanischen Gesellschaft weiter vertieft und die globale Sicherheitslage zusätzlich destabilisiert. Seine kompromisslose, oft erratische Politik birgt das Potenzial, internationale Kooperationen langfristig zu untergraben. Gleichzeitig sehen wir in Europa das Erstarken rechtsextremer Kräfte wie der AfD, während in Deutschland die Demokratie durch eine zerrüttete Ampel-Koalition und interne Krisen, bei den anstehenden Neuwahlen auf eine harte Probe gestellt wird.

Der Ukraine-Krieg bleibt ein blutiger Konflikt, dessen Auswirkungen weit über die Region hinausgehen. Längst ist er zu einem Stellvertreterkrieg geworden, der die Züge einer noch konturenlosen Neuausrichtung hin zu einer multipolaren Weltordnung zeigt. Auch in Syrien haben sich nach dem Sturz von Baschar al-Assad keine guten Perspektiven aufgetan: Das Land ist in die Hände islamischer fundamentalistischer Gruppierungen gefallen, und jede Hoffnung auf eine demokratische Neuausrichtung scheint auf unabsehbare Zeit verloren.

Im Nahen Osten hat die jüngste Eskalation zwischen der Hamas und Israel die Region in eine neue Phase der Instabilität geführt. Der Nahostkonflikt eskalierte nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit über 1.000 Toten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen im Gazastreifen und militärischen Aktionen gegen die Hisbollah. Statt Unterstützung gibt es internationale Kritik und Proteste gegen Israel, auch in Deutschland und der westlichen Welt. Der im Jahr 2024 erlassene Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Premierminister Netanyahu stellt Israels Recht auf Selbstverteidigung infrage und setzt ihn auf eine Stufe mit Terroristen.

Demgegenüber sieht die Staatengemeinschaft zu, wie das langjährige NATO-Mitglied Türkei seine Angriffe auf die kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit und den Medien fortsetzt. Die kurdische Bevölkerung kämpft nicht nur gegen den IS und die militärischen Angriffe der Türkei, sondern auch um den Erhalt ihrer demokratischen Selbstverwaltung in einer Region, die ansonsten von autoritären und islamistischen Fundamentalisten dominiert wird.

Doch während geopolitische Krisen die Schlagzeilen dominieren, schreitet der Klimawandel weiter voran. Die COP29 hat zwar Fortschritte in der Klimafinanzierung erzielt, doch die nötigen drastischen Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen bleiben aus. Die Uhr tickt, und die Entscheidungen, die wir heute treffen, sind von existenzieller Bedeutung.

Dennoch ist es gerade in diesen Zeiten die Kultur – und insbesondere die Literatur –, die Hoffnung und Reflexion ermöglicht. Han Kang, die Literaturnobelpreisträgerin des Jahres 2024, erinnert uns mit ihren Werken daran, dass Geschichten uns nicht nur trösten, sondern auch Wege aus der Resignation weisen können. In einer Welt voller Widersprüche kann Literatur ein verbindendes Element sein, das Empathie fördert und Dialoge gerade dort ermöglicht, wo sie ansonsten nicht mehr stattfinden.

In diesem Sinne erfüllt es mich mit Freude, dass wir 2024 bei Faust Kultur positive Weiterentwicklungen erleben durften. Mit dem renommierten Autor Artur Becker als neuem Chefredakteur, internationalen Kooperationen mit dem italienischen Literaturmagazin Cucchiaio nell’Orecchio und dem englischen Impakter Magazine sowie einer Vielzahl neuer Autor:innen aus Deutschland, Österreich, Italien, den USA und Großbritannien haben wir einen deutlich wachsenden neuen Leserkreis erschlossen.

Dazu hat nicht zuletzt auch die Einführung eines gesellschaftskritischen und feministischen Blogs unter der Leitung der jungen Karikaturistin Paola Morpheus beigetragen. Unter dem Titel Morpheus’ Faust erscheint wöchentlich, eine gesellschaftskritische Karikatur. Auch die verstärkte Veröffentlichung von Primärliteratur – Essays, Short Stories und Kurzprosa u. a. in unserer Reihe Snapshots – hat zu einer wachsenden Leserschaft geführt. Mein besonderer Dank gilt deshalb allen, die mit ihrem Engagement und Talent und Texten zu diesen Erfolgen beigetragen haben.

Deshalb lassen Sie uns trotz der schwierigen Weltlage 2025 mit Entschlossenheit und Zuversicht beginnen: die Demokratie verteidigen, uns gegen Antisemitismus und Extremismus stellen, für den Schutz unserer Umwelt kämpfen und den Wert des friedlichen Dialogs als Mittel für Konfliktlösung niemals aus den Augen verlieren.

Mit den besten Wünschen für das neue Jahr!

Frankfurt am Main, den 01.01.2025
Ihr Herausgeber Michele Sciurba

Letzte Änderung: 01.01.2025  |  Erstellt am: 01.01.2025

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