
Die Schirn Kunsthalle widmet dem Schweizer Künstler Ugo Rondinone die erste große Überblicksausstellung in Deutschland und das mit zentralen Gemälden, Skulpturen und Videoarbeiten.
Man muss die Begeisterung des (Noch)Direktors der Schirn, Dr. Philipp Demandt, über das Werk des Künstlers Ugo Rondinone nicht teilen: seit er in jungen Jahren in einer Ausstellung einer Installation mit kleinen Vögeln, die auf dem Boden verteilt waren, begegnet war und sich daraus zu seiner Verwunderung mehrere Fragstellungen ergaben, war es ihm ein Anliegen, diesen in der Schweiz geborenen Künstler mit seinem Werk in einer Ausstellung zu präsentieren.
Man muss auch nicht allen Ausführungen des Kurators der Ausstellung UGO RONDINONE. LIFE TIME Matthias Ulrich zum Einfluss von Novalis und der Romantik auf den Künstler folgen.
Was vordergründig bleibt ist, dass die Schirn Kunsthalle dem Schweizer Künstler Ugo Rondinone die erste große Überblicksausstellung in Deutschland widmet und das mit zentralen Gemälden, Skulpturen und Videoarbeiten.

Eigens für die Schirn hat Ugo Rondinone – natürlich mit Unterstützung des Teams der Schirn – seine etwas 80 Arbeiten neu gruppiert und geordnet. Da ist einmal die über die gesamte Länge der Schirn verteilte Ausstellung; dann die sechs Meter hohe Skulptur flower moon (2011) – ein weiß emaillierter Aluminiumabdruck eines 2.000 Jahren alten Olivenbaumes im Außenbereich der Rotunde; und von einem bestimmten Blickwinkel, einer bestimmten Stelle aus schon von weitem und besonders bei Nacht erleuchtet zu sehen: die großen titelgebenden Leuchtbuchstaben LIFE TIME. Man stelle sich vor, man spaziert des Nachts über den Römer und dann prangen und springen einem die hell erleuchteten Lettern in die Augen – und das auch noch in Regenbogenfarben …
Der obere Teil der Rotunde ist in Fleißarbeit rundherum mit weißen Rechtecken auf Glas bemalt. Was den Eindruck einer weißen Backsteinwand erweckt – wohl auch gedacht als Gegenstück zum Olivenbaum.
Im Inneren der Rotunde befinden sich unzählige Mond- und Sternenbilder, die Kinder im Auftrag des Künstlers gemalt haben – mehr als 5.200 Einsendungen soll es gegeben haben – nicht alle davon können gezeigt werden.

Die Ausstellung „LIFE TIME“ verbindet wesentliche Themen, die Ugo Rondinones Werk seit 30 Jahren prägen: Zeit und Vergänglichkeit, Tag und Nacht, Realität und Fiktion, Natur und Kultur.
In der Galerie der Schirn – Ugo Rondinone nutzt diese in ihrer ganzen Länge – sind seine Werke unterteilt in fünf Bereiche, die – wenn man denn so will – einer Erzählung vom Übergang von der Nacht in den Tag und von der Dunkelheit ins Licht folgen.
Im ersten Raum liegt – nach dem Abbild eines lebenden Menschen – eine Clownsfigur mit dickem Bauch – einer von acht Bellybuildern-Figuren, von denen aber hier in Frankfurt nur eine gezeigt wird. Ringsherum an den Wänden sieben großformatige Sternebilder, die mit Hilfe von Sand und Steinen hergestellt wurden. Ergänzt wird der Raum noch durch eine riesige schwarze Holztür mit Riesen Vorhängeschloss – keiner kommt hier rein oder raus – und einer aus Gummi gefertigten Maske.
Im nächsten Raum – dominiert durch eine eigens hier erstellte Wand aus einem Erdgemisch – sitzen im Raum verteilt 13 lebensgroße Figuren – in sich gekehrt, den Blick nach unten gerichtet – es sind Abgüsse von nackten Tänzern und Tänzerinnen. Weiterhin ist der Raum noch ausgestattet mit drei runden Farbglasfenstern – für den Blick nach außen!?
Im dritten Raum im Raum verteilt fünf amorphe Stein Skulpturen – man soll darin Wolkenformationen erkennen und oder individuelles entdecken. Ergänzt werden diese „Riesen“ aus Sandkies durch winzige Schwarz – Weiß Zeichnungen auf mit Gips grundierten Leinwänden. Hier wird das Interesse des Künstlers an Gegensätzen sicht- und spürbar – in diesem Raum eindeutig der Gegensatz zwischen riesengroß und winzig klein.
Ein mit weißen Holzbrettern und einem Durchgang versehene Wand Installation markiert den Wechsel zum nächsten Raum – dem Raum Nummer 4.
Hier begegnen wir einer Film Installation – bestehend aus zwölf Sequenzen, die auf sechs Leinwänden in Endlosschleife präsentiert werden. Und dazu – ebenfalls in Endlosschleife – der Song „Everday Sunshine“ von Fisbone. Letztlich üben Gesang, Bilder und das blaue Licht des Raumes eine fast hypnotische Wirkung auf den Betrachter aus – man muss nur lange genug durchhalten.
Der letzte Raum ist eindeutig der Sonne, der Helligkeit gewidmet. Acht kreisrunde Bilder erstrahlen in hellem Gelb und erinnern an Mandalas. Im Raum befindet sich auch eine „Schneemaschine“, durch die tagsüber andauernd Papierschnipsel rieseln, die dann abends wieder eingesammelt werden, um die Maschine am nächsten Tag erneut damit zu füllen.
Beispiele von Kreisläufen des Lebens: Tag und Nacht, Winter und Sommer, Herbst und Winter, Anfang und Ende. Zu guter Letzt nicht zu vergessen und beinahe zu übersehen: winzige Bronzefiguren / Bronzeskulpturen in Form von Äpfeln und Birnen.
Man kann die Räume als Besucher oder Besucherin schnell durchschreiten, sich beiläufig fragen, was das alles soll und wozu es gut ist. Man kann sich auf jeden einzelnen Raum einlassen, sich Zeit nehmen und die Stimmung, die Atmosphäre des Raumes wahr- und aufnehmen; man kann anhand von Sekundärmaterial – philosophischen und literarischen Texten – versuchen, den konzeptionellen und geistigen Hintergrund der Arbeiten zu erfassen und zu verstehen. Oder aber – und so habe ich diese Räume dann letztlich für mich wahrgenommen – als Bühnenbilder und Bühnenräume, in denen etwas Unsichtbares stattfindet oder Sichtbares stattfinden kann.

Letzte Änderung: 28.06.2022 | Erstellt am: 27.06.2022

UGO RONDINONE. LIFE TIME
Schirn Kunsthalle Frankfurt
Dauer der Ausstellung: bis 18. September 2022
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