
Für ihre Rolle des Richard III. erhielt Lina Beckmann den NESTROY-Theaterpreis 2021 in der Kategorie „Beste Schauspielerin“, wurde dafür außerdem mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring geehrt und erhielt den Deutschen Theaterpreis DER FAUST in der Kategorie Darsteller*in Schauspiel. Nun ist das Stück am 31. März und 1. April in Ludwigshafen zu sehen.
Nun auch noch Kommissarin – Lina Beckmann ist im Rostocker Polizeiruf 110 in die Fußstapfen ihres Ehemannes Charly Hübners getreten und ermittelt dort als Kommissarin Melly Böwe. In erster Linie ist sie allerdings eine Theaterschauspielerin und ringt bei jeder neuen Inszenierung mit sich und der Rolle. Manchmal geplagt von Selbstzweifeln, doch ausgestattet mit großem Können und Talent. Das Hamburger Publikum – sie gehört dem Ensemble des Deutschen SchauSpielHauses Hamburg an – ist ein ums andere Mal von ihren Darstellungen begeistert und überzeugt. Einer ihrer letzten Arbeiten – wieder in Zusammenarbeit mit der Regisseurin Karin Henkel – war frei nach William Shakespeare „Richard III.“ . Nach Meinung vieler Kritiker*innen die herausragendste Leistung der Spielzeit 2021/2022. Diese Inszenierung allerdings ließen sich die Juror*innen für das Berliner Theatertreffen 2022 entgehen und sprachen keine Einladung aus.
Nicht so aber das Theater im Pfalzbau in Ludwighafen. Dort ist Lina Beckmann in der Rolle als Richard III. am 31. März und 1. April zu sehen. In atemberaubenden vier Stunden entwickelt sie als „Richard the Kid & the King“ das Psychogramm einer Figur, der es gefällt, jegliche moralischen Grenzen zu überschreiten. Das Stück – eine Adaption von Shakespeares “Richard III.” mit besonderem Blick auf dessen Kindheit und der Frage, wie dieser Schurke ein solch skrupelloser Verbrecher und Mörder werden konnte.
Lina Beckmann als monströser Titelheld in “Richard the Kid & the King“ legt eine Körperperformance hin, die Staunen macht und wo man sich nur wundern kann, wie man dieses Energieniveau über einen so langen Zeitraum halten kann. Sie sagt da-zu: „Man steigt aufs Pferd, und dann reitet man los.” Und wenn sie merke, dass das Publikum mitgerissen werde, mache sie das glücklich und dafür sei sie bereit, alles zu geben. Als Richard III. ist Lina Beckmann ein Ereignis. Eine kindliche Tyrannin, die auf einem Schaukelpferd in den Krieg zieht.
Christine Dössel formuliert das in ihrer Besprechung so: „Sie spuckt, rast und schwitzt, meuchelt und manipuliert, kommentiert sich selbst und ihren S-Fehler, bezirzt und rüffelt das Publikum, gibt das verkrüppelte, verspottete Kind und den krassen, kaputten Killer.“
Die Inszenierung von Karin Henkel ist ein in allen Bereichen stimmiger Theaterabend. Angefangen vom zauberhaften Bühnenbild von Katrin Brack, über die atmosphärisch dichte elektronische Musik von Arvild J. Baud und last but not least die tollen Hosenanzüge und barocken Kleider von Klaus Bruns.

Es ist die Zeit der Rosenkriege, in der ein Tyrann wie Richard mächtig werden kann. Shakespeare beschreibt diese blutige Epoche in seinen Historiendramen, die Tom Lanoye und Luk Perceval in einer Bearbeitung unter dem Titel Schlachten! zusammengefasst haben. Mit Texten aus dieser erfolgreichen Adaption wirft Karin Henkel zunächst einen Blick auf Richards Kindheit und Familiengeschichte. Richard the Kid erzählt eindrücklich von den psychischen Beschädigungen, die Krieg oft bei jungen Menschen hinterlässt. Richard the King stellt dann die Frage nach dem politischen Umfeld des berühmt-berüchtigten Machthabers.
Die Ausnahmeschauspielerin Lina Beckmann begegnet Richard III. – dieser Figur voller Ambivalenzen und Rätsel – mit einem schier unerschöpflichen Potenzial an Möglichkeiten. Ihr atemberaubendes Spiel lässt uns erahnen und nachvollziehen, wie ein einziger Mensch es schafft, die moralischen Grundsätze einer ganzen Gesellschaft außer Kraft zu setzen. Denn genau das ist das Beunruhigende an Shakespeares Stück und Henkels Inszenierung: Die Monstrosität der Macht gedeiht nur auf dem Boden einer Gesellschaft, die ihr den nötigen Raum gibt. Und da ist man dann ganz nah an dem Kriegsgeschehen in der Ukraine und Putin als einem Tyrannen, der diesem Schurken Richard „das Wasser reichen kann“ – ihn sogar noch übertrifft.
Für ihre Rolle des Richard III. erhielt Lina Beckmann den NESTROY-Theaterpreis 2021 in der Kategorie „Beste Schauspielerin“, wurde dafür außerdem mit dem Ger-trud-Eysoldt-Ring geehrt und erhielt den Deutschen Theaterpreis DER FAUST in der Kategorie Darsteller*in Schauspiel.
„Richard the Kid & the King“ – nach William Shakespeare in einer Fassung von Karin Henkel, Sybille Meier und Andrea Schwieter
mit Texten aus Eddy the King aus Schlachten! von Tom Lanoye und Luc Perceval
Inszenierung Karin Henkel
Bühne Katrin Brack
Kostüme Klaus Bruns
Licht Rainer Casper
Musik Arvild J. Baud
Dramaturgie Sybille Meier, Andrea Schwieter
Mit Lina Beckmann, Sachiko Hara, Paul Herwig, Matti Krause, Alexander Maria Schmidt, Maik Solbach, Kate Strong, Bettina Stucky, Kristof Van Boven, Michael Weber
Lina Beckmann gastiert mit dieser Inszenierung am Freitag, dem 31.03. + am Sams-tag, dem 1.04. im Pfalzbau Theater in Ludwigshafen. Mit 3 Stunden 50 Minuten in-klusive einer Pause ein langer aber nie langweiliger und nichtssagender Theaterabend. Gehen sie hin. Sie werden es nicht bereuen.
Letzte Änderung: 15.03.2023 | Erstellt am: 15.03.2023
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